Erwachsenenschutzrecht darf nicht verschlechtert werden

Budgetbegleitgesetz: Ab 1. Juli 2025 droht Menschen, die einen gerichtlichen Erwachsenenvertreter haben, eine massive Einschränkung ihrer Selbstbestimmung.

Im Rahmen einer Pressekonferenz kritisierten Martin Ladstätter, Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats, Julia Moser, Vorsitzende des Unabhängigen Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, und Volksanwalt Bernhard Achitz am 13. Juni 2025 geplante Änderungen im Erwachsenenschutzrecht durch das Budgetbegleitgesetz.

Nach massiver Kritik am Sachwalterrecht durch den UN-Ausschuss über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Jahr 2013 wurde das damalige Erwachsenenschutzrecht im Rahmen eines partizipativen Prozesses überarbeitet. Die Überarbeitung gipfelte im Beschluss des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes, das am 1. Juli 2018 in Kraft trat. Damit wurden die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, die einen Vertreter (eine Vertretung oder eine Vertreterin bzw. einen Vertreter) haben, gestärkt und die Rechtslage an die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention angenähert. „Der Prozess der Erarbeitung und das Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes wurden vom UN-Ausschuss bei der Staatsprüfung im Jahr 2023 unter wenigen Punkten als besonders positiv hervorgehoben“, erinnert Martin Ladstätter, Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats.

Im Herbst 2024 richtete das Justizministerium eine Arbeitsgruppe ein, um die Ergebnisse der externen Evaluierung des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes in die Rechtslage einzuarbeiten. Diese Arbeitsgruppe löste das Justizministerium auf – noch bevor es zu einer gemeinsamen Entscheidung gekommen war. Mit dem Budgetbegleitgesetz sind nun Änderungen im Erwachsenenschutzrecht geplant, die den Diskussionsinhalten der Arbeitsgruppe widersprechen und einen massiven Eingriff in die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Behinderungen zur Folge haben.

„Dass Österreich ausgerechnet jenen international gelobten Prozess der Partizipation abbricht und damit von dem Grundsatz ‚Nichts ohne uns über uns‘ abkehrt, ist vollkommen unverständlich und äußerst bedauerlich“, verdeutlicht Julia Moser, Vorsitzende des Unabhängigen Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Konkret sieht das Budgetbegleitgesetz vor, die Überprüfungsfrist der gerichtlichen Erwachsenenvertretung von drei auf fünf Jahre zu verlängern und die Verpflichtung zu streichen, eine Überprüfung durch einen Erwachsenenschutzverein zu beauftragen, ob weiterhin die Notwendigkeit einer Erwachsenenvertretung besteht.

„Fristen schützen Menschenrechte. Wer sie ausdehnt, ohne guten Grund, schwächt das Prinzip der Überprüfbarkeit. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass Richterinnen und Richter in einem großen Ausmaß auf die Beauftragung eines Clearings verzichten und damit Erwachsenenvertretungen ohne umfassende Überprüfung von deren Notwendigkeit verlängert werden“, gibt Martin Ladstätter, Vizepräsident des Österreichischen Behindertenrats, zu bedenken.

„Die geplanten Änderungen wären ein Rückschritt und ein Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Notwendig wäre, mit Vorsorgemaßnahmen dafür zu sorgen, dass Erwachsenenvertretungen gar nicht erst notwendig werden. Da sind die Länder gefragt“, verdeutlicht Volksanwalt Bernhard Achitz.

Die Vertreterinnen und Vertreter von Behindertenrat, Monitoringausschuss und Volksanwaltschaft setzen sich dafür ein, die geplanten Änderungen aus dem Budgetbegleitgesetz zu streichen und wieder den Weg der Partizipation zu bestreiten, um in einem gemeinsamen Prozess die bestehenden Herausforderungen zu lösen.


Zwei Männer und eine Frau sitzen bei einem Tisch im Presseclub Concordia v.l.n.r.: Volksanwalt Bernhard Achitz, Martin Ladstätter vom Behindertenrat und Julia Moser, Vorsitzende des Unabhängigen Monitoringausschusses. Bildnachweis: Behindertenrat