Nach Unfall im Einsatz bleibt 100-prozentige Behinderung
Am 22. August heulte die Sirene im oberösterreichischen Kronabittedt. Marlies K. (19) wurde davon aus dem Schlaf gerissen, zog sich schnell und wollte zum Einsatz als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr eilen. Aber sie stürzte über die Stiege. Sie konnte reanimiert werden und wurde mit dem Hubschrauber ins Spital geflogen. Als Folge blieb ihr eine erhebliche Sehstörung, die zu einer 100-prozentigen Behinderung führte. Sie wandte sich an die Volksanwaltschaft, und Volksanwalt Achitz machte das auch in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ am 19. Oktober zum Thema.
An sich sind alle Mitglieder freiwilliger Hilfsorganisationen während ihrer Ausbildung, Übungen und Einsätze bei der AUVA (ohne Beitragszahlung) unfallversichert. Das ist gesetzlich im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) geregelt. Es gelten die gleichen Bestimmungen wie für Arbeitsunfälle. Arbeitsunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Wegunfälle sind ebenfalls versichert.
AUVA soll anerkennen, dass ein Alarmeinsatz immer eine Stresssituation ist
Im Fall von Marlies K. will die AUVA aber nicht zahlen. Medizinische Gutachten ergeben nämlich - sehr verkürzt gesagt -, dass sie womöglich an einer seltenen Krankheit litt, die zum plötzlichen Herztod führen kann, und dass sie wegen eines Herzstillstands gestürzt wäre, der jederzeit eintreten hätte können, auch unabhängig von einem Einsatz.
Zum Beispiel gilt ein Herzinfarkt infolge Dauerstress nicht als Unfall, wohl aber ein Herzinfarkt im Zusammenhang mit außergewöhnlicher Belastung. „Wer auch nur ein bisschen Lebenserfahrung hat, weiß, dass man in einem Alarmeinsatz immer unter außergewöhnlicher Belastung steht. Das ist etwas völlig Anderes, als wenn jemand gemütlich gefrühstückt hat und zum Arbeitsplatz spaziert“, so Achitz: „Die Rechtslage lässt es zu, dass auch die AUVA solche Fälle als Arbeitsunfall anerkennt.“
Versehrtenrente nur bei Anerkennung als Arbeitsunfall
Das zuständige Sozialministerium meinte dazu, dass ohnehin die meisten Unfälle im Einsatz als Arbeitsunfälle anerkannt werden. Volksanwalt Achitz dazu: „Von 100 Betroffenen werden 15 nicht anerkannt. Das sind 15 Menschen, die sich für die Allgemeinheit in Gefahr begeben haben und jetzt durch die Finger schauen.“ Marlies K. musste ihre Ausbildung abbrechen, und sie wird ihr Leben lang unter den Folgen ihres Unfalls leiden. Die Anerkennung als Arbeitsunfall hätte zumindest die finanziellen Folgen gemildert, denn sie hätte den Verdienstentgang als Versehrtenrente bekommen. Achitz: „Es ist zu hoffen, dass die AUVA noch ein Einsehen hat. Sie muss in künftigen Fällen im Sinne der Betroffenen vorgehen, und sie kann auch im Fall von Marlies K. noch einlenken, indem sie ihr im Gerichtsprozess ein Vergleichsangebot macht. Wenn das nicht passiert, ist das Parlament gefragt, und eine gesetzliche Verbesserung für die freiwilligen Helferinnen und Helfer muss her!“