Zwischenergebnis zur Vordernberg-Prüfung

12. März 2014

Die Volksanwaltschaft übermittelt dem Bundesministerium für Inneres und der Gemeinde Vordernberg ein Zwischenergebnis ihres Prüfungsverfahrens zum Schubhaftzentrum Vordernberg. Sie stellt fest, dass die Verrichtung von unselbstständigen Hilfstätigkeiten und Infrastrukturerhaltungsmaßnahmen durch die Gemeinde Vordernberg und dem von ihr beauftragten Unternehmen G4S zulässig ist. Die Festlegung und Durchsetzung einer „Tagesstrukturierung“ für die Schubhäftlinge und die Befugnisse im Bereich der Gewalt- und Konfliktprävention sind jedoch Hoheitsbefugnisse, die von der Polizei zu besorgen sind.

Auf Grund der medialen Berichterstattung über das neue Schubhaftzentrum Vordernberg hat die Volksanwaltschaft im vergangenen Jahr ein umfassendes Prüfungsverfahren über die Zulässigkeit der Übertragung von Aufgaben zum Betrieb des Schubhaftzentrums an die Gemeinde bzw. die private Sicherheitsfirma G4S eingeleitet. Das Prüfungsverfahren konzentrierte sich zunächst auf die Frage, ob die gewählte Vertragskonstruktion zwischen dem Bundesministerium für Inneres und der Gemeinde Vordernberg bzw. deren Vertrag mit dem Sicherheitsunternehmen verfassungsgesetzlich zulässig ist.

Nach Ansicht der Volksanwaltschaft gehört der Betrieb eines Schubhaftzentrums zu den staatlichen Kernaufgaben. Es bestehen jedoch keinerlei Bedenken, dass Hilfsdienste wie etwa die Essensversorgung, technische Instandhaltung und Schneeräumung von Privaten besorgt werden. Unzulässig ist es jedoch, wenn als Hilfsdienste bezeichnete Aufgaben in Grundrechtspositionen der Angehaltenen eingreifen können. Soweit einem privaten Unternehmen die Befugnis eingeräumt wird, eine Tagesstrukturierung für die Angehaltenen festzulegen und durchzusetzen, kann von einem befehls- und zwangsfreien Umgang mit den Insassen nicht mehr gesprochen werden. Nach dem der Volksanwaltschaft vorliegenden Betriebskonzept, sollen die Bediensteten der Sicherheitsfirma überdies zum Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Insassen vor „Übergriffen“ eingesetzt werden. Auch hier sieht die Volksanwaltschaft die Grenze zwischen Aufgaben einer Deeskalation bzw. Streitschlichtung zur zwangsweisen Durchsetzung überschritten. Diese Aufgaben müssen daher von den Polizeiorganen selbst besorgt werden.

Problematisch erachtet die Volksanwaltschaft auch das Fehlen gesetzlicher Regelungen über den Rechtsschutz gegen Übergriffe privater Wachebediensteter. Die rechtswissenschaftliche Lehre vertritt durchaus unterschiedliche Standpunkte. Die Volksanwaltschaft verweist auch darauf, dass in vergleichbaren Fällen der Übertragung von Aufgaben an private Unternehmen wie dem Luftfahrtssicherheitsgesetz und dem Gerichtsorganisationsgesetz, eine gesetzliche Klarstellung der Aufgaben- und Befugnisverteilung zwischen privaten Wachfirmen und Organen der öffentlichen Sicherheit erfolgt. Da das Schubhaftzentrum Vordernberg als „Pilotprojekt“ eingerichtet wurde, sollten daher nach Meinung der Volksanwaltschaft diese Fragen gesetzlich geregelt werden.