SERIE KINDERRECHTE: Stadt Wien missachtet Recht auf Mitbestimmung einer 12-Jährigen

16. März 2015

Ein 12-jähriges Mädchen lebte mit Zustimmung der Mutter in einer Wohngemeinschaft des Kinder- und Jugendhilfeträgers Wien und besuchte auch eine Schule in Wien. Die zuständige Regionalstelle des Kinder- und Jugendhilfeträgers beabsichtigte aber eine Rückführung des Kindes zur Mutter nach Niederösterreich. 

Vier Tage vor Schulbeginn kam es zu einer Besprechung mit der 12-jährigen, in der dem überraschten Mädchen die Rückführung und der damit zusammenhängende bevorstehende Schulwechsel nach Niederösterreich mitgeteilt wurde. Nachdem dem Mädchen die Konsequenzen (Verlust der Freunde und der vertrauten Umgebung) bewusst geworden waren, äußerte sie auch ihre Verzweiflung über den Schulwechsel.

Das Recht der Kinder, mitbestimmen zu können, ist sowohl in der UN-Kinderrechtskonvention, als auch im Bundesverfassungsgesetz über Rechte von Kindern verankert. Auch das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Bundes und der Stadt Wien legen eine Beteiligung der minderjährigen Kinder fest.

Volksanwalt Dr. Günther Kräuter kritisiert, dass das Vorgehen der Stadt Wien nicht im Sinne des Kindeswohls war. Es wäre die Pflicht der Behörde gewesen, die Frage des Schulwechsels mit dem Mädchen, das inzwischen wieder in Wien ist, rechtzeitig und ausführlich abzuklären. Die Volksanwaltschaft stellte einen Missstand fest und empfahl der Stadt Wien, in Zukunft die minderjährigen Kinder ausreichend an dem Entscheidungsprozess teilhaben zu lassen.