Rückforderung verjährt: Kritik an Krankenkasse

12. Oktober 2013

Ein Fehler beim Ausfüllen eines Antrags für die Krankenversicherung führte für eine Wiener Familie dazu, dass sie von 2002 bis 2013 irrtümlich zu hohe Beiträge bezahlte.

Der betroffene Wiener Pensionist versicherte seine Frau ab dem Jahr 2002 bei ihm in der Krankenversicherung mit, da sich diese sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart der Betreuung des Haushaltes und der Kindererziehung, insbesondere des schwer sehbehinderten Sohnes aus erster Ehe, widmete. Grundsätzlich ist die Mitversicherung des Ehepartners kostenpflichtig, im Fall einer vierjährigen durchgängigen Kindererziehung entfällt aber dieser Zusatzbetrag. Beim Ausfüllen des Antrages auf Mitversicherung kam es nun zu einem Missverständnis: Das Paar glaubte angesichts der unklaren Fragestellung irrtümlich, dass sich die Kindererziehung der Ehegattin nur auf gemeinsame Kinder beziehe. Da die insgesamt vier Kinder des Paares jeweils aus erster Ehe stammen, fühlten sie sich irrtümlich verpflichtet, einen monatlichen Zusatzbetrag für die Mitversicherung zu leisten.

Erst dieses Jahr bemerkte die Familie den Irrtum. Die WGKK bestätigte ihnen, dass die Bezahlung des Zusatzbeitrages nicht gerechtfertigt war. Dennoch erstattete sie dem Ehepaar nur die Beiträge der letzten fünf Jahre zurück. Die restlichen Beitragszahlungen in der Gesamthöhe von rund 4.800 Euro für die Jahre 2002 bis 2008 seien verjährt. Die WGKK gab an, sie sei an die Verjährungsbestimmungen gesetzlich gebunden. Außerdem habe sie alle Versicherten gleich zu behandeln.

In der ORF Sendung Bürgeranwalt bestätigte Volksanwalt Dr. Kräuter zwar die Verjährungsbestimmung, appellierte aber an die Krankenkasse: Diese solle sich nicht hinter Gesetzen verschanzen, sondern den Fall vom menschlichen Standpunkt aus betrachten. Die Familie müsse von 1.400 Euro im Monat leben und unterstütze zusätzlich den sehbehinderten Sohn finanziell. Aus Sicht der Volksanwaltschaft hätte die Gebietskrankenkasse in diesem Fall auf die familiäre Situation achten müssen und den Restbetrag aus dem Unterstützungsfonds rückerstatten können. Dieser Fonds dient dazu, um bei Härtefällen zusätzliche finanzielle Hilfestellung geben zu können.

Die Volksanwaltschaft ersuchte die WGKK diese Möglichkeit zu überprüfen, um eine Lösung für das Ehepaar zu finden. Zudem forderte die Volksanwaltschaft die Sozialversicherungsträger auf, ihre Antragsformulare und Fragebögen zu überarbeiten und zu vereinfachen, um künftig derartige Missverständnisse und Unklarheiten zu vermeiden.

 

Nachgefragt: Keine finanzielle Hilfe bei Magersucht?

Ein 16-jähriges Mädchen leidet seit 2011 an Magersucht und depressiven Störungen. Die stationären Aufenthalte im Wilhelminenspital der Stadt Wien und im Krankenhaus Hietzing führten zu keiner dauerhaften Verbesserung ihres Zustandes. Erst die Behandlung im Therapiezentrum Weidenhof in Kärnten half dem Mädchen weiter. Der Aufenthalt am Weidenhof kostet im Monat rund 4.600 Euro. Weder die Krankenkassen der Eltern noch der Fonds Soziales Wien oder das Amt für Jugend und Familie der Stadt Wien wollten die Kosten dafür übernehmen.

In der Sendung vom 30. März 2013 kritisierte Volksanwalt Dr. Peter Kostelka das Verhalten der Behörden. Diese hätten sich ihrer Verantwortung entzogen und die Eltern des Mädchens im Kreis geschickt. Er kündigte die Einberufung eines „Runden Tisches“ an, um mit den Entscheidungsträgern eine Lösung zu erarbeiten. In diesem Rahmen erklärten sich beide Krankenkassen sowie das Amt für Jugend und Familie der Stadt Wien bereit, einen Kostenbeitrag von jeweils 4.000 Euro zu leisten. Die Familie erhielt somit einen einmaligen Betrag von 12.000 Euro. Dies deckt rund drei Monate des Therapieaufenthaltes ab.

„Die Volksanwaltschaft begrüßt diese Lösung, ich hätte für die Familie natürlich gerne mehr erreicht“, betonte Volksanwalt Dr. Kräuter im ORF Bürgeranwalt. Die Volksanwaltschaft bemängelt jedoch, dass das Grundproblem nach wie vor ungelöst ist: Wer übernimmt die Kosten der Unterbringung von psychisch beeinträchtigten Jugendlichen in Therapiezentren wie dem Weidenhof? Diese Strukturprobleme müssten erkannt und erforderliche Gesetzesänderungen veranlasst werden, forderte Volksanwalt Dr. Kräuter.