ORF-BÜRGERANWALT, 03.09.2011 mit Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek

5. September 2011

Radfahren mit Hindernissen

Für Herrn Nagl aus Mannersdorf am Leithagebirge endete ein Radausflug im Landeskrankenhaus Mödling. Er ist mit seinem Fahrrad gegen eine 50 Zentimeter hohe Eisenstange geprallt, die auf dem Mannersdorfer Radweg aufgestellt worden ist. Diese Eisenstange soll verhindern, dass auf dem Radweg landwirtschaftlichen Maschinen fahren können, so der Bürgermeister in einer Stellungnahme. Er, beziehungsweise die Versicherung der Gemeinde lehnen jede Haftung ab. Immerhin hätte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Gemeinde sehr bald eingestellt.

Herr Nagl berichtet dass er mit Licht gefahren ist, da es an jenem Sommerabend bereits dunkel war, die Stange aber überhaupt nicht gesehen hat. Nachdem seine Familie schon ein Stück voraus war, alarmierten vorbeikommende  Autofahrer nach dem Zusammenprall den Notarzt. Neben Blutungen am Kopf wurde im Krankenhaus auch ein gebrochenes Schlüsselbein behandelt, das immer noch Schmerzen verursacht.

Kurz nach dem Unfall montierte die Gemeinde Reflektoren auf den Pfeilern, lehnte aber weiterhin ab, Schmerzensgeld für den Betroffenen zu leisten. Laut einer schriftlichen Stellungnahme des Bürgermeisters habe es bisher nie Beschwerden oder Zwischenfälle gegeben.

Volksanwältin Dr. Brinek erläutert, dass die Stangen ursprünglich dem Schutz des Radweges vor Beschädigung durch schwere landwirtschaftliche Geräte dienen. Dies dürfe aber nicht dem primären Zweck, nämlich dem Schutz der RadfahrerInnen widersprechen. Brinek dazu: „Die Gestaltung von Pollern oder Leitstangen muss außerdem den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung entsprechen, wo sie genau geregelt ist. Die angebrachten Reflektoren sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber damit gebe ich mich noch nicht zufrieden.“

Die Volksanwältin geht nun davon aus, dass die Gemeinde den Betroffenen ein Angebot macht: „Anstatt die alleinige Schuld bei Herrn Nagl zu suchen, sollte man guten Willen zeigen. Weiters ist es wichtig, die Stangen noch einmal zu überprüfen und gegebenenfalls zu adaptieren, um weiteren Unfällen vorzubeugen.“

 

Grab "verschwunden" 

Eine Niederösterreicherin staunte nicht schlecht, als sie im Oktober 2010 das Grab ihres Großvaters auf dem Wiener Zentralfriedhof besuchen wollte: es war einfach verschwunden. Wo Grabstein, Vase und Laterne gestanden hatten, fand sie nur noch Buschwerk vor. Ein Versehen, entschuldigte sich die Friedhofsverwaltung und versprach, die Sache selbstverständlich rasch in Ordnung zu bringen. Die Betroffene wurde mehrfach vertröstet und wandte sich schließlich an den ORF bzw. die Volksanwaltschaft.

In ihrem Schreiben machte sie ihrer Verbitterung Luft: „Ich nehme an man wartet zu bis ich verstorben bin – dann hat sich die Sache von selbst erledigt.“  Die in Aussicht gestellte Lösung die Urne ihres Angehörigen im Frühjahr 2011 in einem anderen Grab umzubetten hatte jedoch einen Haken: Sie könne zwar die Urne in das bereits existierende Wandnischengrab ihres Gatten überführen lassen, allerdings ohne Vase und Laterne. Auf ihren der Friedhofsverwaltung übermittelten Kostenvoranschlag bzgl. der Neugestaltung der Grabinschrift und Exhumierung der Urne hin wurde sie an die Wiener Städtische Versicherung verwiesen, welche sich prompt als nicht zuständig erklärte: die Kundin müsse sich erst mit den Friedhöfen Wien genau über die zu treffenden Arbeitsmaßnahmen einigen.

Auf ein weiteres Schreiben an die Friedhofsverwaltung im Juni mit einer Fristsetzung zur Klärung der Angelegenheit bis Mitte Juli wurde nicht reagiert. Erst nach Einschalten der Volksanwaltschaft und ORF nahm die Sache eine überraschende Wendung: Die Umbettung fand auf schnellstem Weg und wie versprochen für die Kundin kostenfrei statt, inklusive der von ihr gewünschten Dekoration mit Vase und Laterne.

Dennoch sparte VA Brinek nicht mit Kritik an der Friedhofsverwaltung. Den ganzen langen Weg hätte man deutlich abkürzen können, es wäre auch nicht das erste Mal gewesen dass ihrer Klientin seitens des Zentralfriedhofs Steine in den Weg gelegt worden seien.  Es sei bezeichnend dass man erst auf ihre Aktivität hin reagiert habe, nachdem der Ball zunächst ergebnislos zwischen Verwaltung und Versicherung hin- und hergespielt wurde. „Es geht nicht an, dass Bürger sich erst an die Volksanwaltschaft und den ORF wenden müssen um fristgerecht zu erreichen was ihnen rechtmäßig zusteht“, so Brinek. Abschließend äußerte die Volksanwältin wie Moderator Peter Resetarits ihre Hoffnung, dass die Friedhöfe Wien aus diesem Vorfall lernen und solche Angelegenheiten künftig besser handhaben würden.