Kostelka: Sozialhilfe – plötzlich ein lukratives "Geschäft" mit Angehörigen?

13. November 2010

Nach einem einstimmigen Beschluss des Steiermärkischen Landtag im Herbst 2008 wurde verkündet, dass unterhaltspflichtige Angehörige in Hinkunft keine Rückzahlungsverpflichtung für gewährte Sozialhilfe trifft.

Dass die Praxis in der Steiermark aber ganz anders ausschaut und Angehörige durch eine vermeintlich positive – legistisch aber unzureichend umgesetzte - Gesetzesänderung vom Regen in Traufe kommen, zeigte Volksanwalt Kostelka am Beispiel einer 50jährigen Frau, die auf einer Wachkomastation in der Albert Schweizer Klinik in Graz untergebracht werden musste, auf.

Anfangs hatte man dem Gatten und den Eltern versichert, dass Sorgen wegen der Bedeckung der Pflegekosten in Höhe von monatlich € 8.500,-- monatlich unbegründet wären. Wenige Monate später meldete sich aber das Sozialamt der Stadt Graz und teilte mit, dass eine Entscheidung über den für die Patientin eingebrachten Sozialhilfeantrag solange nicht erfolgen werde, als die Angehörigen nicht sämtliche Einkünfte freiwillig offen legen und sich gefallen lassen, dass unter Hinweis auf ihre Unterhaltspflicht "Anrechnungen" stattfinden, die den Sozialhilfeaufwand beträchtlich minimieren. In der Tat gibt es im Unterhaltsrecht in solchen Fällen keine prozentuelle Begrenzung der Unterhaltspflicht, sodass theoretisch auch eine Belastung des Gatten und der Eltern jeweils bis zum Unterhalts-Existenzminimum (rund € 685,- monatlich) denkbar wäre. Zu dieser Bedrohung kommt die Angst, ob nicht die Klinik die weitere Betreuung der Patientin verweigern muss, wenn das Sozialamt Graz nicht bald eine Restkostenübernahme zusichert. Generelle Weisungen der Landesregierung verhindern aber genau dies.  

Der Leiter des Sozialamtes der Stadt Graz, Mag. Gernot Wippel, ist mit den Nöten von gleichermaßen betroffenen Familien befasst und bestätigte die Kritik des Volksanwaltes an der Vorgangsweise der Aufsichtsbehörde. Alle erstinstanzlichen Sozialhilfebehörden seien im Stich gelassen worden und befänden sich im Erklärungsnotstand, weil sich mehr und mehr zeigt, dass ein rechtskonformer Sozialhilfevollzug unter diesen Bedingungen nicht möglich ist und auf Angehörige mindestens doppelt so hohe Kosten als vor der Rechtsänderung zukommen.

Volksanwalt Dr. Kostelka forderte in der Sendung alle Angehörigen von steirischen Pflegebedürftigen in vergleichbarer Zwangslage auf, sich umgehend an die Volkanwaltschaft zu wenden und verwies darauf, dass es nicht angeht, offene Rechtsfragen in langwierigen Verfahren auf Kosten jener auszutragen, denen durch einen verunglückten Gesetzesbeschluss Unterstützung versprochen aber weitere finanzielle Belastungen beschert wurden.