KOSTELKA: KEINE BEDARFSORIENTIERTE MINDESTSICHERUNG WEGEN BEHÖRDENFEHLER?

3. Jänner 2012

„Von 12 Euro Arbeitslosengeld täglich konnte ich mich nicht selbst erhalten“ schrieb Herr N.N. Anfang September der Volksanwaltschaft. Deshalb hatte er bereits im Februar 2011 die Bedarfsorientierte Mindestsicherung beantragt, für die auch alle Voraussetzungen erfüllt gewesen wären. Mehrfach hatte der Betroffene all jene Unterlagen eingereicht, welche die in Wien zuständige Magistratsabteilung 40 von ihm verlangt hatte, nur den Einkommenssteuerbescheid vom Finanzamt konnte er nicht innerhalb der ihm gesetzten einwöchigen Frist beschaffen. Herr N.N. erklärte der Behörde, dass die Bearbeitung durch das Finanzamt wesentlich länger dauern werde und bekam mehrfach mitgeteilt, dass das kein Problem sei, und auch keinen Einfluss auf den Anfall der Mindestsicherung haben werde. Obwohl er den Bescheid über die Einkommenssteuererklärung - wie vereinbart – bei Erhalt nachgereicht hatte, erhielt er erst Ende August 2011 eine Auszahlung über  60 Euro. Die geringe Höhe der Unterstützung konnte sich Herr N.N. nicht so recht erklären, da er weder einen Bescheid noch eine andere Information vom Magistrat erhalten hatte. Nachfragen bei der MA 40 gestalteten sich für Herrn N.N. schwierig. Auf seine schriftliche Anfrage erhielt er keine Antwort und am Telefon wurde er etliche Male von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitergeleitet, ohne eine brauchbare Information zu erhalten.

Durch sein Schreiben an die Volksanwaltschaft kam dann allerdings Schwung in die Sache. Volksanwalt Dr. Peter Kostelka leitete umgehend ein Prüfverfahren zu diesem Fall ein, und forderte die Wiener Magistratsdirektion auf, eine Stellungnahme zu den Vorgängen abzugeben.  Nach nur zwei Wochen traf die Antwort ein – mit einem sehr erfreulichen Ergebnis.

Auf Grund der Intervention der Volksanwaltschaft unterzog die MA 40 den Akt einer nochmaligen Überprüfung. Dabei stellte sich heraus, dass der ursprünglich eingebrachte Antrag wegen des fehlenden Bescheides des Finanzamts fälschlicherweise als zurückgezogen bewertet wurde, obwohl ersichtlich war, dass Herr N.N. die Behörde darüber informiert hatte, dass die verspätete Vorlage nicht auf ein Versäumnis des Betroffenen zurückzuführen war. Als der Bescheid über die Einkommenssteuererklärung nachgereicht wurde, wertete die Behörde dies – wiederum in Verkennung der Rechtslage - als neuen Antrag, den sie schließlich Mitte August auch bewilligte.

Die MA 40 bedauert ihren Irrtum und teilte der Volksanwaltschaft mit, dass die mit der Bearbeitung der Mindestsicherung betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen einer Schulung nochmals darüber informiert werden sollen, welche Unterlagen im Verfahren unerlässlich sind und wie vorzugehen ist, falls es Hilfe suchenden Personen ohne ihr Verschulden nicht möglich ist, bestimmte Nachweise fristgerecht vorzulegen. Zudem wurde Herrn N.N. ein neuer Bescheid ausgestellt, mit dem ihm die Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ab Februar 2011 bewilligt wurden.

Noch bevor Volksanwalt Kostelka Gelegenheit fand, den Betroffenen über das erfreuliche Ergebnis zu informieren, bedankte sich dieser herzlichst für die Hilfe der Volksanwaltschaft. Er hatte bereits einen Brief des Magistrats - und noch wichtiger - die benötigte finanzielle Unterstützung rückwirkend bis zu seinem ursprünglichen Antrag erhalten. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage; dieser Zielsetzung können die Sozialzentren nur gerecht werden, wenn sie die Mitwirkungspflichten Betroffener in Verfahren nicht „überspannen“.