Erleichterungen für subsidiär Schutzberechtigte

17. Jänner 2013

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend ändert die rechtswidrige Verwaltungspraxis

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend hat sich der Kritik der Volksanwaltschaft angenommen und ändert die Verwaltungspraxis beim Bezug von Familienleistungen für subsidiär Schutzberechtigte, also Menschen, deren Asylantrag zwar abgewiesen wurde, die aber ein vorläufiges Aufenthaltsrecht besitzen. Die bisherige Verwaltungspraxis führte zu schwerwiegenden Benachteiligungen, was die Volksanwaltschaft anlässlich mehrerer Prüfungsfälle im Jahr 2012 vehement kritisiert hat. „Das allen Menschen zukommende Recht auf gute Verwaltung erfordert die strikte Achtung der Rechtsstaatlichkeit. Rechtskonformität ist ein zentrales Element davon. Es freut mich daher, dass die Volksanwaltschaft in Kooperation mit NGOs dazu beitragen konnte, diese Rechtskonformität herzustellen“, sagt Volksanwalt Dr. Peter Kostelka.

Subsidiär schutzberechtigte Menschen erhalten Familienleistungen unter gesetzlich eingeschränkten Voraussetzungen. So dürfen sie keine Leistungen aus der Grundversorgung beziehen und müssen unselbstständig oder selbstständig erwerbstätig sein. Die Verwaltungspraxis führte zu zusätzlichen Verschärfungen. So bewirkte die Anwendung der sogenannten „Familienbetrachtung“ bei der Grundversorgung, dass Familienleistungen nur zuerkannt wurden, wenn nicht nur der antragstellende Elternteil und das Kind, sondern auch die gesamte Familie keine Leistungen aus der Grundversorgung beanspruchte. Die Volksanwaltschaft und der unabhängige Finanzsenat zeigten auf, dass diese restriktive Rechtsauslegung keine Deckung im Gesetzestext findet.

Die Volksanwaltschaft sprach sich weiters gegen die Zuerkennungspraxis aus, Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung mit der Grundversorgung gleich zu stellen. „Nach geltender Rechtslage kann ausschließlich der Bezug der Grundversorgung den Anspruch auf Familienleistungen ausschließen“, erläutert Kostelka. Ein weiterer Kritikpunkt war die Verwaltungspraxis, wonach schon der bloße „fiktive“ Anspruch auf Leistungen der Grundversorgung die Familienbeihilfe ausschließt. Denn: „Gemäß Familienlastenausgleichsgesetz ist vom tatsächlichen Bezug von Grundversorgungsleistungen auszugehen“, so Kostelka.

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend teilte mit, sich nach monatelanger und mehrfacher Prüfung in zentralen Punkten der Auffassung der Volksanwaltschaft anzuschließen. Die Finanzämter wurden angewiesen, die Zuerkennungspraxis nach folgenden Grundsätzen auszugestalten:

  • Der Erhalt der Grundversorgung als Ausschlusskriterium ist nur in Bezug auf jene Personen zu prüfen, die selbst einen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt haben. Von der Familienbetrachtung wird künftig somit abgegangen.

  • Maßgeblich ist nur der tatsächliche Bezug der Grundversorgung – nicht mehr zu prüfen ist, ob ein fiktiver Anspruch besteht oder bestünde.

  • Die Zuerkennung von Mindestsicherung ist für den Bezug von Familienbeihilfen und Kinderbetreuungsgeld kein Ausschlusskriterium mehr.

Die nunmehr rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechende Rechtsauslegung soll – so die vorliegende Stellungnahme – umfassend auf alle offenen Fälle (Neuanträge und Rechtsmittel) aber auch sonstige Rechtsbehelfe (Bescheidbehebung, Wiederaufnahmen) angewendet werden. In allen von der Volksanwaltschaft diesbezüglich direkt an das Ressort herangetragenen Verfahren wurden entsprechende Dienstanweisungen an die Finanzämter bereits erteilt.

„Weiterhin aufrecht bleibt aber die gesetzliche Anregung der Volksanwaltschaft, subsidiär schutzberechtigte Menschen beim Bezug von Familienleistungen generell mit Asylberechtigten gleichzustellen“, schließt Volksanwalt Peter Kostelka.