Wieder Benachteiligung für Menschen mit Behinderung

21. Jänner 2014

Aufgrund einer spastischen Tetraparese leidet ein junger Mann seit seiner Geburt an schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Um dennoch einen Beitrag zur Arbeitswelt zu leisten, geht der 32-Jährige einer geringfügigen Beschäftigung nach – er verteilt Flyer für ein Innsbrucker Szenelokal. Darüber hinaus widmet er sich seiner großen Leidenschaft – der Malerei. Die Arbeit und der Umgang mit Menschen bedeuten dem Innsbrucker viel, sie ermöglicht ihm eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft.

Die Mutter des Pflegegeldbeziehers schloss für ihn eine freiwillige Selbstversicherung bei geringfügiger Beschäftigung ab. Sie hoffte, ihn dadurch für die Zukunft sozial absichern zu können. Eine trügerische Hoffnung, denn die Zeiten der freiwilligen Selbstversicherung zählen bei arbeitsunfähigen Menschen mit einer angeborenen Behinderung zwar für die Berechnung der Alterspension, aber nicht für die Invaliditätspension. Ausschließlich Zeiten der Pflichtversicherung, die grundsätzlich im Rahmen eines voll sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erworben werden, zählen. Bei Menschen, die während ihres Erwerbslebens arbeitsunfähig werden, gelten auch die Zeiten der freiwilligen Selbstversicherung.

Menschen mit angeborener Behinderung werden daher in zweifacher Weise benachteiligt. Zum einen müssen sie für die Bewilligung einer Invaliditätspension zehn Beitragsjahre der Pflichtversicherung leisten, während jene, die im Laufe ihres Erwerbslebens bis zu ihrem 50. Lebensjahr eine Behinderung oder Krankheit erleiden, fünf Versicherungsjahre benötigen. Zum anderen können Beitragsmonate der freiwilligen Selbstversicherung die Inanspruchnahme einer Invaliditätspension überhaupt nicht begründen.

Im Vorfeld der ORF-Sendung teilte das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) der Volksanwaltschaft noch mit, dass ein Abgehen von zehn Beitragsjahren nicht befürwortet werden kann. Während der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ sind sich jedoch Volksanwalt Dr. Günther Kräuter und der Vertreter des BMASK, Dr. Reinhard Sommer, einig: Finanzielle Mehrkosten würden nicht entstehen, da die Pensionsleistungen an Stelle der Sozialhilfe treten würden. “Menschen mit Behinderung wollen sich in die Gesellschaft eingliedern und ihren Beitrag leisten. Dafür müssen sie im Gegenzug auch entsprechend versichert werden“, so Volksanwalt Kräuter.