Welches Recht ist wie viel wert?

17. Mai 2014

Welches Recht ist wie viel wert?

Herr H. aus Grein an der Donau bestellte regelmäßig Essen bei einem Pizza-Kebap-Lokal. Die Besitzer dieses Lokals wurden jedoch nicht nur von hungrigen Kunden angerufen, sondern bekamen mehrmals Drohanrufe mit nationalsozialistischen Äußerungen, weswegen sie sich an die Polizei wandten. Da es sich nicht „nur“ um gefährliche Drohungen handelte, sondern ein Delikt nach dem Verbotsgesetz vorlag, veranlasste die Staatsanwaltschaft eine Rufdatenerfassung. Da Herr H. mehrmals zu infrage kommenden Zeiträumen im Lokal angerufen hatte, wurde er zum Beschuldigten. Nach der Einvernahme bei der Polizei und einem Stimmenabgleich stellte sich jedoch heraus, dass Herr H. unschuldig war.

Ein Schreiben mit Folgen

Etwa drei Wochen später erhielt Herr H. sowie etwa 600 andere Telefonteilnehmerinnen und -teilnehmer, deren Anrufe kontrolliert worden waren, eine Verständigung der Staatsanwaltschaft Linz. Diese Information an die Betroffenen einer Überwachungsmaßnahme ist gesetzlich vorgeschrieben. Jedoch wurde Herr H. in diesem Schreiben als Beschuldigter mit vollem Namen genannt, ebenso wie der Gegenstand der Ermittlungen – Delikt nach dem Verbotsgesetz. Unabhängig der Tatsache, dass gegen Herr H. das Verfahren bereits eingestellt worden war, begannen mit diesem Schreiben in der kleinen Gemeinde Grein Gerüchte zu kursieren. Könnte man sich in dem Freund, Bekannten, Arbeitskollegen vielleicht getäuscht haben? Für Herrn H. war diese Situation unerträglich. Zuerst versuchte er dem Gerede durch Isolation zu entkommen, in letzter Konsequenz verließ er den kleinen Ort und zog nach Linz, um neu anfangen zu können.

Herr H. versuchte rechtlich gegen diese Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft Linz vorzugehen und forderte Schadenersatz. Mit dem Argument aufgrund der Informationspflicht rechtskonform gehandelt zu haben, wurde diese jedoch abgewiesen.

Volksanwältin Brinek fordert Gesetzesänderung

Diesen Fall einzig mit dem Argument, rechtmäßig gehandelt zu haben, ruhen zu lassen, ist für Volksanwältin Gertrude Brinek nicht zufriedenstellend. Sie sieht hier „den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen Rechtsansprüchen verletzt“. Neben der Informationspflicht gilt es auch die Unschuldsvermutung, das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf Datenschutz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern zu wahren. Der leitende Staatsanwalt im Justizministerium, Mag. Friedrich Koenig, pflichtet Volksanwältin Brinek bei und spricht von „unauflösbaren Widersprüchen“ im Gesetz. Herr H. wird keinen Schadenersatz erhalten, Volksanwältin Brinek fordert jedoch nachdrücklich, dass dieser Fall Anstoß sein muss, um eine Änderung im Gesetz vorzunehmen, damit sich so ein Fall nicht wiederholen kann.

 

Das Leben ist lauter geworden

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Neuholdaugasse in Graz wendeten sich mit einer Beschwerde über Lärm an die Volksanwaltschaft. Unmittelbar gegenüber der Wohnhäuser errichtete die Stadt Graz 2008 trotz Einsprüche der Anrainerinnen und Anrainer eine Hundeauslaufzone.

In den letzten sechs Jahren versuchten die Betroffenen durch eine Unterschriftensammlung sowie durch Vorsprechen beim Stadtrat, bei der Stadträtin und beim zuständigen Magistrat eine Lösung zu finden. Ohne Erfolg. Die Betroffenen erarbeiteten sogar eigenständig Vorschläge, wohin im betroffen Park die Hundewiese alternativ verlegt werden könnte, damit niemand mehr von dem Hundegebell und den Zurufen der Hundebesitzerinnen und -besitzer gestört wird. Diesen Vorschlag lehnte die Stadt Graz ab, weil die notwendige Verlegung einer Wasserleitung zu teuer sei.

Vertretend für das Magistrat der Stadt Graz wollte niemand zum „Bürgeranwalt“ ins Studio kommen, um sich der Diskussion zu stellen. In ihrer schriftlichen Stellungnahme an den ORF teilte das Magistrat lediglich mit, dass bei einer Kontrolle der Hundezone keine nennenswerte Lärmbelastung festgestellt werden konnte und deswegen kein Anlass zum Handeln gegeben sei.

Unzufriedene Menschen, „schlechte“ Verwaltung?

Volksanwältin Brinek weist darauf hin, dass im Gesetz keine detaillierte Regelung für Hundeauslaufzonen vorhanden ist. Es ist jedoch Aufgabe der Stadtplanung die potentielle Lärmbelastung einer solchen in ihrer Planung mitzudenken und Anrainerinnen und Anrainer zu berücksichtigen. „Es wird kein Frieden geschaffen, obwohl so viel Grünraum da wäre“, zeigt sich Volksanwältin Brinek unzufrieden. Die Stadt Graz als Grundeigentümerin sollte bemüht sein, derartige Konflikte zu vermeiden und mit den Bürgerinnen und Bürgern zusammenzuarbeiten. An den Kosten für eine Wasserleitung kann es nicht scheitern, schließt Brinek, die die Betroffenen in ihrer Forderung um Verlegung der Hundewiese unterstützt.