Volksanwalt Günther Kräuter zur präventiven Menschenrechtskontrolle im Burgenland

23. Mai 2018

Nach Missständen in einem Wohnheim sieht die Volksanwaltschaft ihre Empfehlungen befolgt: Im Berichtszeitraum wurden krasse Missstände in einer Einrichtung für Kinder und Jugendliche im Burgenland festgestellt, in der jüngere Kinder von älteren sexuell missbraucht wurden. Obwohl die Vorwürfe bekannt waren, wurden die übergriffigen Jugendlichen nicht in eine andere Einrichtung verlegt, sondern blieben in der WG. Die Volksanwaltschaft beschloss daher eine kollegiale Missstandsfeststellung und sprach konkrete Empfehlungen an das Land Burgenland aus.

Volksanwalt Günther Kräuter: „Ich freue mich über die Einsicht der burgenländischen Landesregierung. Den Empfehlungen der Volksanwaltschaft wird vollinhaltlich entsprochen, konkret dass

- Fachliche Standards per Verordnung festgelegt werden sollen,

- gewaltpräventive und sexualpädagogische Konzepte verbindlich vorgeschrieben werden,

- die zulässige Gruppengröße von 16 auf maximal 10 Personen reduziert werden soll,

- der Einsatz von mehr und besser qualifiziertem Personal vorgesehen ist und

- das Wohn- und Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen nachhaltig verbessert wird."

Als "Schönheitsfehler" bezeichnete Kräuter, dass noch nicht feststehe, wann die Verordnung in Kraft treten wird. Das Ziel müsse jedenfalls das Jahresende sein. Weiters brauche es eine budgetäre Sicherstellung der zu erwartenden höheren Kosten aufgrund von kleineren Gruppen und mehr Personal.

Kräuter kritisierte in dem Zusammenhang, dass das Burgenland mit über 29 Prozent den höchsten Anteil bei außerhalb des Bundeslandes untergebrachten Minderjährigen habe. Gleichzeitig gibt es burgenländische Einrichtungen, in denen bei Besuchen der Expertenkommission der Volksanwaltschaft kein einziges burgenländisches Kind vorgefunden wurde. Als mögliche Ursachen nannte Kräuter Kapazitäten und finanzielle Gründe.

Verfassungsrechtlich zuständig für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte

Expertenkommissionen der Volksanwaltschaft besuchen seit 2012 unangekündigt im Rahmen eines UN-Mandats Einrichtungen, in denen es zu Freiheitsentzug kommt oder kommen kann, darunter Alten- und Pflegeheime, Justizanstalten und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.

Im Jahr 2017 fanden österreichweit 495 Kontrollen in Einrichtungen statt, darunter 93 Besuche in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (Burgenland 10), 100 in Alten- und Pflegeheimen (Burgenland 8).

Sonderbericht zu Kindern und Jugendlichen

Kürzlich präsentierte die Volksanwaltschaft auch einen Sonderbericht zu Kindern und Jugendlichen in öffentlichen Einrichtungen. Dabei zeigten sich große Unterschiede bezüglich des Anteils fremduntergebrachter Kinder. Das Burgenland liegt hier mit 0,72 Prozent im guten Durchschnitt, (Wien 1,06 %, Stmk 1,05 %, Tirol 0,65 %) allerdings ist jede Kindesabnahme sorgfältigst abzuwägen.

Negativ fällt der burgenländische Spitzenwert der Unterbringung außerhalb des eigenen Bundeslandes auf (Bgld 29,22 %, in Vlbg z. B. nur 2,16 %, in OÖ 7,49 %, in Tirol 6,89 %). Dadurch werden Kontakte zu Eltern und Geschwistern massiv erschwert. Die Volksanwaltschaft empfiehlt eine vorangehende landesweite „Bedarfsprüfung“.

Die Volksanwaltschaft lädt regelmäßig zu einem Austausch mit den Kinder- und Jugendanwaltschaften (Bgld: Mag. Christian Reumann) und auch das traditionelle „NGO-Forum“ der Volksanwaltschaft befasste sich im Berichtszeitraum mit dem Thema „Kinder- und Jugendliche schützen – Gewalt verhindern.“