Taschengeld-Kontrolle im Pflegeheim

29. September 2012

Die Aufwendungen des Landes Kärnten für die Unterbringung in Alten- und Pflegeheimen rechtfertige es nach Meinung der Kärntner Landesregierung einer 84-jährigen Dame die in einem Gesundheits- und Pflegezentrum untergebracht ist, seit Jahren eine genaue Aufstellung über die konkrete Verwendung des ihr verbleibenden Taschengeldes (Ein-und Ausgaben), die Übermittlung einer Kopie des Pensionskontos und Sparkontos abverlangte. Eine solche Aufstellung sei „einmal jährlich unaufgefordert dem Amt der Kärntner Landesregierung zur Einsicht vorzulegen“ wie die Behörde dem Sohn der Betroffenen schriftlich mitteilte.

Den Pflegebedürftigen verbleibt von deren Pension oder Pflegegeld nur ein Bruchteil als Taschengeld – dieses steht ihnen allerdings zur freien Verfügung zu. Genau daran nimmt die Landesregierung Anstoß und sieht die Gefahr, dass die Pflegebedürftigen ihr Taschengeld verprassen könnten. Daher soll mithilfe einer genauen Aufstellung über dessen Verwendung etwaiger Missbrauch verhindert werden, da auch Ersparnisse aus dem Taschengeld, die über den Betrag von  € 3.870, 00 liegen, zur Kostendeckung „abgeschöpft“ werden könnten.

Da der Sohn der Betroffenen im Gesetzestext keine Erklärung für die Handlungsweise der Kärntner Landesregierung finden konnte, wandte er sich schließlich an die Volksanwaltschaft, die sich der genauen Prüfung des Falles annahm. Doch nicht nur im Fall der 84-jährigen legte die Landesverwaltung eine solche fragwürdige Vorgehensweise an den Tag. Mehrere Kärntnerinnen und Kärntner beschwerten sich darüber, dass man von ihnen sogar die Vorlage „einer Kopie des Pensionskontos und gegebenenfalls des Sparkontos sowie eine Aufstellung über die Verwendung der Restpension“ verlangt habe.

Ein solcher Eingriff in die Privatsphäre ist laut Europäischer Menschenrechtskonvention (EMRK) als unzulässige zu bewerten, stellt die Volksanwaltschaft in ihrer Stellungnahme klar, und übt damit scharfe Kritik an der Handlungsweise der Kärntner Landesregierung. Das Kärntner Mindestsicherungsgesetz sieht keine explizite Einschränkung der freien Verfügungsmöglichkeit von Heimbewohnern über ihr Taschengeld vor. Wie auch der Verfassungsgerichtshof bestätigte, ist es vielmehr der Zweck des Taschengeldes, eine selbstbestimmte Verfügungsmöglichkeit bei der Befriedigung spezifischer Bedürfnisse zu sichern. Weiters widerspricht es dem Wesen einer frei geprägten Gesellschaft, dass eine Person jede ihrer privaten Ausgaben aufzuzeichnen und der Behörde zur Kenntnis zu bringen hat.

Nachdem die kollegiale Missstandsfeststellung an das Amt der Kärntner Landesregierung ergangen ist, stellt Volksanwalt Dr. Peter Kostelka diesen Fall auch im „ORF-BürgerAnwalt“ vor, und bezeichnet die Vorgehensweise der Kärntner Landesregierung nicht nur als verfassungswidrig sondern auch als „Angstmacherei“, die in der Pflege und Betreuung von betagten Menschen keinen Platz habe“, so der Volksanwalt. Denn selbst wenn die Behörden eine „missbräuchliche Verwendung“ des Taschengeldes nachweisen könnten, hätten sie kein Instrumentarium um diese Beträge rückfordern zu können. Vor allem anderen, so betont der Volksanwalt, sei das Taschengeld jedoch ein Betrag über den die Pflegebedürftigen frei verfügen können – und das bedeute auch, dass sie dem Land über dessen Verwendung keinerlei Rechenschaft schuldig sind.

Obwohl erst vor kurzem, die uneinsichtige Haltung der Verantwortlichen in Kärnten zur kollegialen Missstandsfeststellung durch die Volksanwaltschaft geführt hatte, zeigt sich der für soziale Angelegenheiten zuständige Landesrat, Christian Ragger, im „BürgerAnwalt“ zu Änderungen bereit. So soll unmittelbar nach der ORF-Sendung eine Novellierung der Gesetzeslage in Arbeit genommen werden, um die derzeitige Praxis der Kärntner Behörden, „adäquat und verfassungskonform anpassen zu können“.

 

Nachgefragt: Wertlose Ausbildung

 

„Wenn man vorher nicht nachdenkt muss man nachher mehr arbeiten“ erklärte Volksanwalt Kostelka in der Sendung „BürgerAnwalt“ vom 14. April 2012. Das Amt der steiermärkischen Landesregierung hatte vor einem halben Jahr bereits die zweite Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes angekündigt, da die ersten Änderungen zu einem wahren Chaos geführt hatten. Viele die in sozialen Berufen tätig sind, wussten nicht mehr, ob sie ihre Tätigkeit weiter ausführen können, oder dazu Nachschulungen und dergleichen mehr nötig sind.  

„Die vielen offenen Fragen zu dieser Nachschulung sind mittlerweile hinfällig, da eine neuerliche Novellierung der entsprechenden Verordnung ins Haus steht“ berichtete Volksanwalt Kostelka im Mai, und kündigte an, dass die Volksanwaltschaft sich natürlich auch ein drittes Mal zur Verfügung stellen werde, sollten sich durch diese Gesetzeslage nochmals Probleme ergeben. Das scheint jedoch nicht mehr nötig zu sein. Rund ein halbes Jahr nachdem Volksanwalt Dr. Peter Kostelka den Sachverhalt zuletzt in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“ vorgestellt hatte, scheinen erstmals alle Kritikpunkte im neuen Gesetzestext berücksichtigt worden zu sein.

Erfreut berichtet Kostelka, dass alle, in diesem Zusammenhang bei der Volksanwaltschaft anhängigen Beschwerden abgearbeitet sind. Dabei lag das besondere Augenmerk des Volksanwalts darauf, dass allen Betroffenen ermöglicht wurde, die „Kontinuität in ihrer beruflichen Tätigkeit zu wahren“, auch wenn hierzu teilweise Nachschulungen absolviert werden müssen.