STOISITS: KEIN VISUM – KEIN AUFENTHALT – KEINE EINGETRAGENE LEBENSPARTNERSCHAFT

7. Mai 2012

Mehrere Versuche eines türkischen Staatsangehörigen, Visa für einen Aufenthalt in Österreich zwecks Eintragung der Lebenspartnerschaft mit seinem österreichischen Freund und Lebenspartner in spe zu erhalten, scheiterten. Sämtliche Visumsanträge des 28-jährigen Hotelangestellten aus Kemer, einer kleinen Ortschaft bei Antalya an der touristisch geprägten Südküste der Türkei, wurden von der Österreichischen Botschaft Ankara ordnungsgemäß geprüft – immer mit demselben Ergebnis: sämtliche Visa wurden verweigert. Der eigentliche Reisezweck – die Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft – ist ein formaler Akt, der in der Türkei bis auf weiteres rechtlich und gesellschaftlich unmöglich ist. 

Im August 2010 wurde der erste Antrag auf Gewährung eines Touristenvisums gestellt, weitere Anträge auf Erteilung eines Visums zur Einreise in den Schengenraum folgten in den darauf folgenden Monaten und Jahren. In diesem Zeitraum ist nicht nur der ursprünglich festgesetzte Termin für die Eintragung der Partnerschaft bei der Bezirksverwaltungsbehörde verstrichen; die beiden Beschwerdeführer investierten viel Zeit und Energien für den Schriftverkehr mit- und die Wege zu diversen Behörden – in Summe ein großer Aufwand, der auch Gesundheit, Nerven und Geld gekostet hat – um Ihr Anliegen umsetzen zu dürfen. 

Nach Ansicht der ÖB Ankara ist im Falle des Beschwerdeführers, welcher sich mit einem regelmäßigen Einkommen von monatlich umgerechnet etwa € 500,- und seinen Ersparnissen in Höhe von ca. € 3.000,- in letzter Konsequenz einen lediglich 10-tägigen Besuchsaufenthalt in Österreich leisten wollte, nicht der Nachweis erbracht, dass ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts bzw. für die Wiederausreise zur Verfügung stehen. (§ 21 Abs 5 Zi. 2 FPG 2005) Außerdem besteht aus Sicht der konsularischen Abteilung der Grund zur Annahme, dass der Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. (§ 21 Abs 5 Zi. 3 FPG 2005) Auch die Verpflichtungserklärung des österreichischen Freundes, welche als Garantie für die finanzielle Absicherung des beabsichtigten Aufenthalts und der Rückkehr in den Wohnsitzstaat Türkei eine Einreiseerlaubnis ermöglichen sollte, wurde von der zuständigen Behörde aufgrund der Zusammensetzung des insgesamt zu geringen Einkommens des gebürtigen Steirers als nicht tragfähig beurteilt. In diesem Zusammenhang verwies die ÖB Ankara die beiden Beschwerdeführer bereits im Rahmen der Korrespondenz zum ersten Antragsverfahren, welches bald schon zwei Jahre zurückliegt, auf Informationen der zuständigen fremdenpolizeilichen Behörde über Einkommensvoraussetzungen für eine Niederlassungsbewilligung als Familienangehöriger. 

Auf Anfrage der Volksanwaltschaft teilte die Bundesministerin für Inneres mit, dass alle Anträge des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Schengenvisums bisher abgelehnt wurden, da in keinem der Verfahren ausreichende finanzielle Mittel vorgewiesen werden konnten. Voraussetzung für einen positiven Verfahrensabschluss wäre jedenfalls die Vorlage von Unterlagen im Rahmen eines neuen Verfahrens, die geeignet sind, die Zweifel der Botschaft an dem Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel zu entkräften. 

Aus Sicht der Volksanwaltschaft ist zur Nichterteilung des Visums für einen Aufenthalt über lediglich zehn Tage aber festzuhalten, dass die Argumente der ÖB Ankara nicht überzeugend sind und die zur Verfügung stehenden Mittel des türkischen Beschwerdeführers jedenfalls ausreichen dürften, um damit den geplanten Aufenthalt und die Rückreise zu finanzieren. Wie die Volksanwaltschaft schon in zahlreichen anderen Prüffällen gegenüber dem Bundesministerium für Inneres zum Ausdruck gebracht hat, sind für einen vorübergehenden Besuchsaufenthalt nicht dieselben Kriterien wie für eine Niederlassung in Österreich im Hinblick auf den gesicherten Lebensunterhalt heranzuziehen. Abschließend ist festzuhalten, dass die Beschwerde über die Ablehnung des vierten Antrages auf Ausstellung eines Visums für den beabsichtigen 10-tägigen Aufenthalt im Oktober 2011 aus Sicht der Volksanwaltschaft berechtigt ist.