Behindertenparkplätze – unnötige gesetzliche Einschränkungen

4. Juli 2015

Behindertenparkplätze sollen helfen, Betroffenen das Leben zu erleichtern. Vorschriften, die das Gegenteil bewirken, gehören nach Ansicht von Behindertenverbänden, Automobilklubs und Volksanwaltschaft daher dringend überdacht und geändert. Der so genannte Gehbehindertenausweis gemäß § 29b StVO bietet Personen im Straßenverkehr, vor allem beim Abstellen des Fahrzeuges, Erleichterungen. So ist es in größeren Städten wie Wien durchaus üblich geworden, Behindertenparkplätze kennzeichenbezogen einzurichten, damit sie zielgerichtet von den Personen, die den Parkplatz benötigen, benützt werden können.

Dies bringt große Vorteile, aber mit der Vorschrift, dass der Originalausweis im Fahrzeug hinterlegt werden muss, auch die Einschränkung, dass der Ausweis etwa bei einer Reise nicht ins Ausland mitgenommen werden kann. Behindertenausweise gelten EU-weit und berechtigen – etwa bei Anmietung eines Leihautos - auch im Ausland zur Benützung von Behindertenparkplätzen.

Das Verkehrsministerium entsandte keinen Vertreter zur Diskussion in das Bürgeranwaltsstudio, sondern übermittelte lediglich eine schriftliche Stellungnahme. Darin wurde auf die Gesetzeslage hingewiesen, wonach kennzeichenbezogene Behindertenparkplätze nur von den entsprechenden Fahrzeugen mit hinterlegten Originalbehindertenausweisen benützt werden dürfen. Würde man von der Hinterlegung des Originalausweises absehen, könnten begünstigte Personen die ihnen eingeräumten Vorteile mehrfach und damit missbräuchlich verwenden.

„Wenn das Kennzeichen des geparkten Fahrzeuges mit dem auf den Zusatztafeln genannten Kennzeichen übereinstimmt, kann es keinen Missbrauch geben“, so Volksanwalt Peter Fichtenbauer. Dass das Original des Ausweises verlangt werde, sei unnötige Bürokratie und Schikane. Fichtenbauer hält es auch für unangebracht, eine ganze Personengruppe unter den Generalverdacht des Missbrauchs zu stellen.

 

Nachgefragt: Chronisch kranke Kinder im Bildungssystem

Einem Kleinkind wurde trotz Zusage ein Krippenplatz in einem Kindergarten der Stadt Wien verweigert, nachdem die Mutter den Kindergarten über die Diabeteserkrankung ihres Kindes informiert hatte. Viele andere Kindergärten weigerten sich ebenfalls das Kind aufzunehmen. In einem Privatkindergarten fand das Kind schließlich einen guten Betreuungsplatz.

Für Volksanwalt Dr. Fichtenbauer besteht über den Einzelfall hinaus ein systembedingtes Problem. In der Studiodiskussion im Juni 2014 wies die Vertreterin der Magistratsabteilung 10 darauf hin, dass über 500 Kinder mit chronischen Krankheiten in Wiener Kindergärten untergebracht seien. Für die Volksanwaltschaft beginne die Diskussion über dieses Thema erst, erläuterte damals der Volksanwalt. So seien der Volksanwaltschaft auch Fälle von Schulen bekannt, in denen chronisch kranke Kinder von den Pädagogen benachteiligt würden. Mittlerweile gebe es österreichweit etwa 3.000 diabetische Kinder in Pflichtschulen.

Man müsse daher die Voraussetzungen und die Organisation für chronisch kranke Kinder in solchen Einrichtungen schaffen, etwa durch zumindest eine fachkundige Person pro Einrichtung. Die Eltern der betroffenen Kinder würden sich jedenfalls ein Ende der Ausgrenzung von chronisch kranken Kindern wünschen.

Im Mai 2015 fand zu diesem Thema eine gemeinsame Enquete der Volksanwaltschaft und des Parlaments statt. In der Sendung von vom 8. Juli 2015 wurde über deren Erkenntnisse berichtet. Dabei wurde deutlich, dass vor allem die Lehrerschaft befürchtet, bei Hilfeleistungen für etwaige Fehler in die Verantwortung gezogen zu werden. Denn bis dato gibt es keine rechtliche Deckung. Über Lösungsansätze, wie man diese Ängste nehmen könnte, wurde bei dieser Enquete diskutiert.

Dr. Lilly Damm, Mitarbeiterin Bildungsministeriums, erklärte in ihrem Vortrag, dass immer mehr junge Menschen an Diabetes erkranken. Die Anforderungen an die Lehrerschaft werden daher in Zukunft zwangsläufig höher. Den Lehrern müsse durch Aufklärung die Angst vor der medizinischen Unterstützung der Kinder, welche aus reiner Unkenntnis entstehe, genommen werden. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl beleuchtete die Vielfalt an chronischen Erkrankungen, die bei Kindern auftreten können und Dr. Gerhard Aigner, Sektionschef im Gesundheitsministerium, setzte sich mit den rechtlichen Aspekten im Ärztegesetz auseinander. Hilfsleistungen, die von Lehrerinnen und Lehrern durchgeführt werden, sollten dem Amtshaftungsrecht unterliegen.

Überdies schlägt Volksanwalt Fichtenbauer vor, dass künftig in der Lehrerausbildung medizinisches Informationswissen auf dem Lehrplan steht.Gesetzlicher Verbesserungsbedarf ist daher angesichts des – wie alle Spezialistinnen und Spezialisten im Rahmen der Enquete bestätigten - größer werdenden Problems dringend geboten.