Sachwalterschaft

9. August 2010

In ihrer täglichen Arbeit ist die Volksanwaltschaft vermehrt mit den Herausforderungen des Älterwerdens konfrontiert: Viele Menschen sind im Alter zwar voll handlungsfähig, benötigen und suchen in einzelnen Fragen und Lebensbereichen aber Hilfe und Unterstützung. Komplexe Rechtsgeschäfte und deren Auswirkungen verunsichern oftmals ältere Menschen. Im Alltag stellen auch Behördenwege oder Entscheidungen rund um Pflege und Betreuung eine große Herausforderung dar. Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat mit dazu beigetragen, dass sich ältere Menschen in ihren persönlichen Lebensumständen oft allein gelassen fühlen und sich an die Volksanwaltschaft wenden. Unter anderem veränderte Familienkonstellationen haben so zu einem Anstieg der Einpersonenhaushalte bei Seniorinnen und Senioren geführt. Obwohl immer mehr Pensionistinnen und Pensionisten bis ins hohe Alter aktiv sind, sind der rasche technische Wandel und der komplexe Alltag für viele problematisch. Die Folge ist häufig gesellschaftliche Isolation.

Wie folgende Daten zeigen, sind immer mehr Menschen in Österreich von einer Besachwalterung betroffen: Die Zahl der Sachwalterschaften hat sich in den letzten Jahren von rund 20.000 Menschen auf heute 50.000 erhöht. Entsprechend häufig wenden sich Betroffene oder deren Angehörige an die Volksanwaltschaft. Nahezu 10 Prozent aller Beschwerden im Justizbereich betrafen 2009 Sachwalterschaftsverfahren. Vielfach wenden sich Betroffene an die Volksanwaltschaft, weil sie eine Sachwalterschaft für überhaupt nicht oder teilweise nicht erforderlich halten. In Einzelfällen sind ihnen nahe Angehörige als Sachwalterinnen oder Sachwalter lieber als familienfremde Personen. Vielfach wird der Kontakt zur Sachwalterin oder zum Sachwalter als nicht ausreichend empfunden. So findet beispielsweise der persönliche Kontakt nicht wie gesetzlich vorgesehen einmal im Monat statt. Häufig haben Personen den Eindruck, in ihren Bedürfnissen von ihrer Sachwalterin oder ihrem Sachwalter nicht ausreichend ernst genommen zu werden. Besachwalterte Personen beschweren sich, weil sie nicht ausreichend Geldmittel zur Verfügung haben, um sich mit Essen, Kleidung und Pflegemaßnahmen zu versorgen. Oftmals treten auch Familienangehörige an die Volksanwaltschaft heran, wenn sie entgegen dem Gerichtsbeschluss selbst die Sachwalterschaft übernehmen wollen. Bisweilen resultiert der Gerichtsbeschluss offensichtlich aber gerade aus familieninternen Konflikten. Dies ist dann der Fall, wenn finanzielle Eigeninteressen vermutet werden.

Für ältere Menschen existiert kein ganzheitliches Unterstützungskonzept, das neben der Hilfe in rein juristischen Belangen auch relevante medizinische und soziale Aspekte des Alterns abdeckt. Für Volksanwältin Dr. Brinek ist daher die Erarbeitung eines grundlegend neuen Konzeptes für eine zeitgemäße „Alterswohlfahrt“ notwendig.