Volksanwaltschaft präsentiert Jahresbericht 2016
Im Jahr 2016 verzeichnete die Volksanwaltschaft wieder ein sehr hohes Beschwerdeaufkommen. Die Fälle reichten thematisch von Cannabis als Schmerzmittel auf Kassenkosten über Mehraufwand bei der Spendenabsetzbarkeit bis hin zu ärztlichen Experimenten in Gefängnissen und der Integration chronisch kranker Kinder ins Schulsystem.
Insgesamt wandten sich im Berichtsjahr 18.492 Menschen mit einem Anliegen an die VA. Im Schnitt langten somit 74 Beschwerden pro Arbeitstag ein. In 9.268 Fällen - rund der Hälfte der Beschwerden - wurde ein formelles Prüfverfahren eingeleitet. Zusätzlich wurden 522 Kommissionsbesuche im Zuge der präventiven Menschenrechtskontrolle durchgeführt. 83 Prozent der Kontrollen brachten ein Defizit zutage. Auch 2016 lagen Schwerpunkte der Volksanwaltschaft auf den Bereichen Asylverfahren, Mängel bei Sozialleistungen und beim AMS, Defizite im Justizwesen sowie Probleme im Bau- und Wohnrecht.
So berichtete Volksanwalt Günther Kräuter von 700 Menschen mit psychischen Erkrankungen, die in Kärnten nicht der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechend untergebracht sind. „Die Klienten werden oft in entlegenen Bauernhöfen untergebracht. Dort erhalten sie bloß eine pflegerische Grundversorgung und ärztliche Hilfe durch Fachärzte für Psychiatrie. Die Betroffenen werden jedoch nicht ausreichend rehabilitativ betreut, sie haben wenig Chance auf Zugang zum Arbeitsmarkt und kaum Aussichten, jemals ein eigenständiges Leben zu führen.“ kritisierte Kräuter. Die Kärntner Landesregierung hat bisher jedoch trotz mehrfacher Aufforderung keine ausreichenden Maßnahmen getroffen.
Beim kürzlich im Nationalrat verabschiedeten Heimopferrenten-Gesetz nimmt die Volksanwaltschaft die Herausforderung als Dachorganisation gerne an.
In der Justizanstalt Wien-Mittersteig wurde Häftlingen Tropicamid auf die Pupillen geträufelt, um ihre Reaktion auf bestimmte Verhaltungsmuster festzustellen. Vor der Verabreichung des rezeptpflichtigen Medikaments fand keine fachärztliche Untersuchung statt. „Ärztliche Experimente an Strafgefangenen sind gesetzlich absolut verboten. Das Justizministerium wurde daher aufgefordert, die Versuche zu Forschungszwecken umgehend zu stoppen. Auch wenn die Häftlinge ihr Einverständnis zu dem Forschungsprojekt gegeben haben, ist die Freiwilligkeit eben aufgrund der Haftsituation unter Umständen zu hinterfragen“, so Volksanwältin Gertrude Brinek.
Volksanwalt Peter Fichtenbauer sprach über die rund 3.500 chronisch kranken Schulkinder in Österreich. Die meisten von ihnen leiden unter Diabetes oder Epilepsie. Wenngleich bei der Umsetzung dieser Forderungen noch nicht alle Ziele erreicht sind, dürfte die Initiative bereits erste Früchte tragen: So sollen laut Entwurf des Bildungsreformgesetzes 2017 gewisse medizinische Tätigkeiten durch Lehrpersonen nun als Ausübung von Dienstpflichten anerkannt werden. „Auch wenn nun mit der Amtshaftung rechtliche Bedenken der Lehrer abgebaut werden, braucht es nach dem Vorbild Großbritanniens ein "School-Nurse-System", so Fichtenbauer.
Im Fall der Bluttat am Wiener Brunnenmarkt kritisierte Fichtenbauer ein "Multiorganversagen" sowie einen "Unterlassungsskandal" zuständiger Behörden.