• Geschichte

    Der Einrichtung der Volksanwaltschaft ging eine jahrelange Debatte voraus. Bereits knapp nach Ende des Zweiten Weltkrieges forderten Politiker wiederholt die Einsetzung eines „Ombudsmannes“. Vorbild dafür waren meist skandinavische Länder. Konkret angekündigt wurde das neue Kontrollorgan erstmals 1970, in der Regierungserklärung von Bundeskanzler Dr. Kreisky.

    Der Entwurf für eine Novelle der Bundesverfassung anfangs 1971 sah die Schaffung einer neuen „Bundesverwaltungsanwaltschaft“ vor. Das öffentliche Interesse war so groß, dass die Österreichische Staatsdruckerei mehr als 13.000 Exemplare an interessierte Bürgerinnen und Bürger kostenlos verteilte. Der Entwurf löste eine intensive Debatte aus. Die nachfolgende Regierungsvorlage verwendete bereits den Begriff „Volksanwaltschaft“, der Entwurf wurde aber nie Gesetz. Die politischen Parteien konnten sich nicht auf die Anzahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft einigen.

    1975 unternahm die Regierung einen neuen Anlauf, anfangs 1977 stimmten alle Abgeordneten des Nationalrates dem neuen Bundesgesetz über die Volksanwaltschaft zu. Die ersten drei Volksanwälte waren Robert Weisz, Franz Bauer und Gustav Zeillinger. Sie nahmen am 1. Juli 1977 ihre Arbeit auf. Bemerkenswert ist die Regelung in den Schlussbestimmungen dieses Gesetzes, dass es mit 30. Juni 1983 außer Kraft treten sollte. Damit wurde nur ein Provisorium geschaffen. Es war also unklar, ob die Institution den Anforderungen gerecht werden würde und ob sie sich für die Bürgerinnen und Bürger als wichtig erweisen würde. Man ging davon aus, dass die Volksanwaltschaft jährlich etwa 1.500 Beschwerden zu bearbeiten haben würde.

    Die Volksanwaltschaft gewann allerdings rasch an Vertrauen und Ansehen. Vier Jahre nach ihrer Gründung hatte die Institution ihre Bewährungsprobe bestanden: Im Juli 1981 wurden die Bestimmungen über die Volksanwaltschaft in die österreichische Bundesverfassung aufgenommen.

    Die Arbeit der Volksanwaltschaft hat ihr in den vergangenen Jahrzehnten Vertrauen und Akzeptanz in der Bevölkerung verschafft. Das zeigt sich auch in den jüngsten Kompetenzerweiterungen. Die Volksanwaltschaft erhielt im Juli 2012 ein ausdrückliches verfassungsgesetzliches Mandat zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte und ist Teil eines internationalen Kontrollsystems zur Einhaltung von Menschenrechten.

    Im Juli 2017 wurde der VA eine weitere Zuständigkeit übertragen. Seither befasst sich eine unabhängige Rentenkommission mit Anträgen auf Zuerkennung einer Heimopferrente nach dem Heimopferrentengesetz (HOG). Sie ist für jene Personen zuständig, die noch nicht als Gewaltopfer anerkannt wurden und zwischen 1945 und 1999 in einem Heim, in einer Pflegefamilie oder in einer Kranken-, Psychiatrie- oder Heilanstalt Gewalt erlitten haben. Gleiches gilt für Personen, die in einer privaten Einrichtung Opfer eines Gewaltakts wurden, sofern die Zuweisung durch eine Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe erfolgte.

  • Frühere Mitglieder

    Die derzeitigen Volksanwälte haben insgesamt 20 Vorgängerinnen und Vorgänger, die seit 1977 dieses Amt inne hatten.

     

    Frühere Mitglieder der Volksanwaltschaft

    Amtszeit

    Dr. Franz Bauer

    01.07.1977 - 01.03.1988

    Robert Weisz

    01.07.1977 - 30.06.1983

    Gustav Zeillinger

    01.07.1977 - 30.06.1983

    Franziska Fast

    01.07.1983 - 30.06.1989

    Dipl.-Vw. Helmuth Josseck

    01.07.1983 - 30.06.1989

    Dr. Herbert Kohlmaier

    23.03.1988 - 30.06.1995

    Mag. Evelyn Messner

    01.07.1989 - 31.12.1998

    Horst Schender

    01.07.1989 - 30.06.2001

    Ingrid Korosec

    01.07.1995 - 26.04.2001

    Dr. Christa Krammer

    01.01.1999 - 30.06.2001

    Rosemarie Bauer

    01.07.2001 - 30.06.2007

    Mag. Ewald Stadler

    01.07.2001 - 29.10.2006

    Mag. Hilmar Kabas

    29.11.2006 - 30.06.2007

    Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

    01.07.2007 - 30.06.2008

    Dr. Peter Kostelka

    01.07.2001 - 30.06.2013

    Mag.a Terezija Stoisits

    01.07.2007 - 30.06.2013

    Dr. Günther Kräuter

    01.07.2013 - 30.06.2019

    Dr. Gertrude Brinek

    01.07.2008 - 30.06.2019

    Dr. Peter Fichtenbauer

    01.07.2013 - 30.06.2019

    Werner Amon, MBA

    01.07.2019 - 04.07.2022

     

  • Gebäude

    Seit 1983 hat die Volksanwaltschaft ihren Sitz im Palais Rottal. Das Palais Rottal befindet sich mitten im Zentrum Wiens in der Nähe vom Stephansplatz und blickt auf eine vielfältige und interessante Baugeschichte zurück.

    Seit 1983 hat die Volksanwaltschaft ihren Sitz im Palais Rottal. Das Palais Rottal befindet sich mitten im Zentrum Wiens in der Nähe vom Stephansplatz und blickt auf eine vielfältige und interessante Baugeschichte zurück.

    Die heutige Ausgestaltung erfuhr das Palais zum großen Teil in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als drei Häuser in einem architektonischen Konzept zusammengefasst wurden. Zwei dieser Gebäude sind der Singerstraße zugewandt; es handelt sich dabei um das eigentliche Palais Rottal und um das so genannte Billiottesche Stiftungshaus. Bis heute ist bei der lang gestreckten Fassade die ursprüngliche bauliche Trennung in zwei Teile klar erkennbar.

    Die Fassade des vor 1733 von Anton Ospel (1677-1756) errichteten Stiftungshauses ist stilistisch besonders bemerkenswert. In der Arbeit des Künstlers sind die Vorbilder des römischen Barock und der spanischen Architektur deutlich erkennbar. Das eigentliche Palais Rottal wurde ursprünglich vermutlich zwischen 1667 und 1683, wahrscheinlich durch den Architekten Giovanni Pietro Tencalla, durch Umbau eines Vorgängerbaues errichtet.

    Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte eine große bauliche Umgestaltung des Palais. Dabei entstanden unter anderem die aufwändige Fassade sowie die Prunktreppe und der große zentrale Innenhof. Er vermittelt den Besucherinnen und Besuchern den Eindruck, sich in einem großen Festsaal zu befinden. Das Palais Rottal wurde so zu einem wichtigen barocken Architekturakzent im Wiener Stadtbild.

    Die Frage, welcher Künstler für den architektonischen Umbau verantwortlich war, kann bis heute nicht zweifelsfrei beantwortet werden. Der Bau wurde sowohl Johann Lukas von Hildebrandt (1668-1745) als auch Franz Anton Hillebrandt (1719-1797) zugeschrieben. Der Verweis auf Hillebrandt findet sich etwa an der Hinweistafel, die an der Außenfassade des Palais Rottal angebracht ist. Forschungserkenntnisse der letzten Jahrzehnte deuten allerdings darauf hin, dass der Umbau höchstwahrscheinlich von Franz Anton Pilgram (1699-1761), einem Schüler von Johann Lucas von Hildebrandt (1719-1797), vorgenommen wurde.

    In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts war das neu gebildete k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht im Palais Rottal angesiedelt, danach wurde das Gebäude von Teilen der Finanzverwaltung genutzt. Im Palais Rottal war neben der Staatsschuldenkassa auch noch während des Zweiten Weltkrieges das Finanzamt für den 1. Bezirk angesiedelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Zentralbesoldungsamt im Gebäude untergebracht. Seit 1981 nutzt die Finanzprokuratur das Gebäude, die Volksanwaltschaft hat seit 1983 ebenfalls ihren Sitz im Palais Rottal.