Nationalrat debattierte Bericht der Volksanwaltschaft

14. Juni 2013

Am 14. Juni 2013 debattierten die Abgeordneten des Nationalrates den Bericht der Volksanwaltschaft 2012. Dieser wurde mehrheitlich gegen die Stimme des BZÖ zur Kenntnis genommen.  Der Bericht war am 14. Mai 2013 vom Volksanwaltschaftsausschuss des Nationalrates behandelt worden.

Die Abgeordneten zollten der Arbeit der Volksanwaltschaft Respekt und Anerkennung. Als Vorsitzender des Volksanwaltschaftsausschusses bedankte sich Abgeordneter Harald Stefan für die gute Zusammenarbeit in den letzten Jahren. Die Volksanwaltschaft sei, so Stefan, eine Erfolgsgeschichte, die von der Bevölkerung sehr gut angenommen werde.

Scheidende VolksanwältInnen mit viel Lob verabschiedet

Mit viel Lob verabschiedeten die Abgeordneten die scheidenden VolksanwältInnen Peter Kostelka und Terezija Stoisits. Günther Kräuter und Peter Fichtenbauer, die ihnen am 1. Juli 2013 nachfolgen, bekundeten Freude auf ihr neues Amt. Kräuter versicherte seinen Noch-KollegInnen "allerbeste Zusammenarbeit" nach seinem Wechsel. Fichtenbauer freut sich auf sein neues Amt und nannte es ein "unglaubliches Privileg im Parlament mitwirken zu dürfen". Gertrude Brinek, die mit Juli eine zweite Amtszeit als Volksanwältin antritt, zeigte sich zuversichtlich für eine weitere gute und intensive Zusammenarbeit  der Volksanwaltschaft mit dem Parlament.

Zweiter Nationalratspräsident Fritz Neugebauer wünschte den Abgeordneten Kräuter und Fichtenbauer mit dem Spruch "Frohes Schaffen – hoher Wirkungsgrad" alles Gute für deren neue Aufgabe als Volksanwälte.

Stoisits: Volksanwaltschaft ist Seismograph für die Qualität der Anwendung von Gesetzen

Die scheidende Volksanwältin Terezija Stoisits bedankte sich im Namen ihrer KollegInnen und MitarbeiterInnen für die lobenden Worte der Abgeordneten. Das Kollegialorgan Volksanwaltschaft könne das, was im Bericht seinen Niederschlag finde, nur aufgrund des exzellenten Teams, das dahinter steht, leisten.

Stoisits betonte, dass das Recht auf gute Verwaltung vor allem auch die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen von Verwaltungsbehörden bedeutet. Hier habe die Komplexität von Gesetzen in den letzten Jahren enorm zugenommen. Das belaste die MitarbeiterInnen von Behörden und noch mehr die BürgerInnen. „Die Volksanwaltschaft ist ein Seismograph für die Qualität der Anwendung von Gesetzen“, so Stoisits. Abschließend bedankte sich Stoisits für das ihr in den letzten sechs Jahren geschenkte Vertrauen. Sie zeigte sich überzeugt, dass die neuen Mitglieder des Kollegiums die Arbeit bestens fortsetzen werden.

Kostelka: Bewusstwerdungsprozess gegen Kultur des Wegschauens notwendig

Der scheidende Volksanwalt Peter Kostelka hielt fest, dass die Volksanwaltschaft eine Zwischenetappe ihrer Geschichte erreicht habe. Die Verwaltung sei im Wandel befindlich, sie sei bürgernäher und weniger hoheitlich geworden. Trotzdem gebe es alte wie neue Probleme. Budget- und Personalrestriktionen führten zu Druck auf die Behörden, der an die BürgerInnen weitergegeben werde. Der Gesetzgeber setze zwar Schritte, um Diskriminierungen zu verhindern, davon seien aber noch nicht alle in der Verwaltung angekommen. „Die Volksanwaltschaft versteht sich als Klammer zwischen Nationalrat und BürgerInnen und als Kontrolle der Vollziehung der Gesetze. Ihre internationale Tätigkeit sei wichtige Entwicklungshilfe in Sachen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Kostelka.

Bezugnehmend auf die neue Rolle der Volksanwaltschaft als zentrale Menschenrechtsagentur der Republik betonte Kostelka, dass es wichtig sei, einen Bewusstwerdungsprozess einzuleiten. „In vielem habe lange eine Kultur des Wegschauens geherrscht. Es ist deshalb die Aufgabe der Volksanwaltschaft, Fehlentwicklungen aufzuzeigen, sie zu diskutieren und abzustellen“, sagte Kostelka.

Brinek: Blick über den Tellerrand

Volksanwältin Gertrude Brinek betonte die wichtige Aufgabe der Volksanwaltschaft, über den Tellerrand hinauszuschauen und dabei vor keinem gesellschaftspolitischen Thema zurückzuschrecken. „Die Volksanwaltschaft hat die Möglichkeit, dem Parlament rückzumelden, wie Österreich tickt“, sagte Brinek. Sie versicherte, sie werde ihre Funktion auch weiterhin in diesem Sinn ausüben und eine "Sorgenbrecherin" sein  - in allen Angelegenheiten, die die Menschen an sie herantragen.

Fast 16.000 Beschwerden im Jahr 2012

Die Volksanwaltschaft ging im Jahr 2012 15.649 Beschwerden nach. Der Großteil, mehr als ein Viertel, betraf den Sozialbereich, gefolgt von den Bereichen Innere Sicherheit (rund 25 Prozent) und Justiz (rund 15 Prozent). In den 9.315 abgeschlossenen Prüfverfahren hat die Volksanwaltschaft 1.519 Missstände aufgedeckt.

Seit Juli 2012: Monitoringstelle für die Einhaltung der Menschenrechte

Einen großen Teil des Berichts der Volksanwaltschaft nimmt die mit Juli 2012 in Kraft getretene neue Funktion der Volksanwaltschaft als Menschenrechtshaus der Republik ein. Neben ihren Beschwerdeprüfungen führt sie nun auch präventive Kontrollen möglicher Fälle von Menschenrechtsverletzung durch. Bei den regelmäßigen Kontrollbesuchen öffentlicher und privater Einrichtungen, in denen Menschen mit oder ohne Behinderung die Freiheit entzogen werden kann oder wird und wo sie Gefahr laufen, unmenschlich behandelt zu werden, stellten die seit September 2012 prüfenden Kommissionen der Volksanwaltschaft bereits eine Reihe von Mängeln fest. Besonders in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren sowie in Pflegeheimen und psychiatrischen Einrichtungen gab es Beanstandungen. Die Volksanwaltschaft hat entsprechende Prüfverfahren eingeleitet.