Bundesgesetz über die Volksanwaltschaft

3. Oktober 2014

Das Bundesgesetz über die Volksanwaltschaft (Volksanwaltschaftsgesetz 1982 - VolksanwG) regelt die Organisation und Verfahrensabläufe der Volksanwaltschaft. Außerdem sind die Aufgaben und der rechtliche Rahmen für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte festgelegt.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen werden die Beschlüsse der Volksanwaltschaft mit Stimmenmehrheit gefasst. Für eine kollegiale Beschlussfassung ist die Anwesenheit aller Mitglieder erforderlich. Mit dieser haben die Mitglieder über die Geschäftsordnung, die Geschäftsverteilung, Empfehlungen, Fristsetzungsanträge und Anregungen, Berichte an den Nationalrat und den Bundesrat, Anträge an den Verfassungsgerichtshof, Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen und Anregungen zu Gesetzesänderungen oder -erlässen zu entscheiden. Auch die Bestellung und Abberufung der Kommissionsmitglieder und der Mitglieder des Menschenrechtsbeirates unterliegen der kollegialen Beschlussfassung. Das Kollegium entscheidet außerdem über die Prüfschwerpunkte sowie Prüfstandards für die Kontrollbesuche der Kommissionen.

Gemäß Volksanwaltschaftsgesetz sind die Berichte der Volksanwaltschaft nach Vorlage an den Nationalrat und Bundesrat zu veröffentlichen. Überdies ist der Jahresbericht der Volksanwaltschaft über ihren präventiven Menschenrechtsschutz dem UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter zu übermitteln.

Das Volksanwaltschaftsgesetz legt fest, dass die Organe des Bundes verpflichtet sind, innerhalb einer Frist von acht Wochen den an sie gerichteten Empfehlungen der Volksanwaltschaft zu entsprechen. Wenn der Empfehlung nicht entsprochen wurde, haben sie dies schriftlich zu begründen.

Schutz und Förderung der Menschenrechte

Gemäß Volksanwaltschaftsgesetz obliegt es der Volksanwaltschaft, zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte Orte der Freiheitsentziehung sowie Einrichtungen und Programme für Menschen mit Behinderungen zu besuchen bzw. zu überprüfen. Die Volksanwaltschaft ist außerdem befugt, das Verhalten der zur unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigten Organe zu beobachten und begleitend zu überprüfen. Der Volksanwaltschaft ist dabei Einsicht in Unterlagen sowie Auskunft über die Anzahl und die Behandlung jener, denen die Freiheit entzogen ist oder war, zu erteilen. Sie hat Zutritt zu sämtlichen Anlagen von Orten der Freiheitsentziehung sowie von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Auf ihren Wunsch hin ist ihr Kontakt zu den Menschen an den Orten der Freiheitsentziehung bzw. in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder zu Auskunftspersonen zu gewähren. Die Volksanwaltschaft ist außerdem berechtigt, umfassende Einsicht in medizinische Daten zu nehmen.

Kommissionen führen Kontrollen für die Volksanwaltschaft durch

Das Volksanwaltschaftsgesetz legt fest, dass die Volksanwaltschaft mindestens sechs Kommissionen einzusetzen hat. Jede Kommission wird von einer auf dem Gebiet der Menschenrechte anerkannten Persönlichkeit geleitet. Die Volksanwaltschaft bestellt die Mitglieder der Kommissionen, wobei sie sich um eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter und eine angemessene Vertretung ethnischer Gruppen und Minderheiten zu bemühen hat. Alle Mitglieder haben über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse zu verfügen. Die Bestellung erfolgt für sechs Jahre, eine Wiederwahl ist zulässig.

Die Kommissionen führen Besuche und Überprüfungen für die Volksanwaltschaft durch. Sie berichten der Volksanwaltschaft über ihre Besuche und erstatten ihr Vorschläge für Missstandsfeststellungen und Empfehlungen und Anregungen von Maßnahmen der Dienstaufsicht. Kommt die Volksanwaltschaft diesen Vorschlägen nicht nach, sind die Kommissionen berechtigt, den Berichten der Volksanwaltschaft Bemerkungen anzuschließen.

Menschenrechtsbeirat berät die Volksanwaltschaft

Das Volksanwaltschaftsgesetz legt fest, dass der Menschenrechtsbeirat die Volksanwaltschaft bei der Festlegung von Prüfschwerpunkten sowie vor der Erteilung von Missstandsfeststellungen und Empfehlungen berät. Er kann der Volksanwaltschaft außerdem Vorschläge zur Gewährleistung einheitlicher Vorgehensweisen und Prüfstandards erstatten.

Der Menschenrechtsbeirat besteht gemäß Volksanwaltschaftsgesetz aus einer oder einem Vorsitzenden, deren bzw. dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter, 14 weiteren Mitgliedern und 14 Ersatzmitgliedern. Der Vorsitz wird von der Volksanwaltschaft bestellt. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder bestellt ebenfalls die Volksanwaltschaft, wobei hier der Menschenrechtsbeirat zuzustimmen hat. Je ein Mitglied und Ersatzmitglied schlagen der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin, der Innenminister oder die Innenministerin, der Justizminister oder die Justizministerin, der Gesundheitsminister oder die Gesundheitsministerin, der Bundesminister oder die Bundesministerin für Landesverteidigung und Sport, der Sozialminister oder die Sozialministerin und der Bundesminister oder die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten vor. Sieben von der Volksanwaltschaft zu bestimmende Nichtregierungsorganisationen, die sich der Wahrung der Menschenrechte widmen, schlagen je ein Mitglied und Ersatzmitglied vor. Die Bestellung erfolgt für sechs Jahre, wobei eine Wiederwahl zulässig ist.

Zu Mitgliedern dürfen nur Personen bestellt werden, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse auf dem Gebiet der Menschenrechte verfügen. Vorsitz und Stellvertretung haben auf dem Gebiet der Menschenrechte anerkannte Persönlichkeiten mit ausgezeichneten Kenntnissen der Organisation und Funktionsweise der Verwaltung sowie mit einer wissenschaftlichen Qualifikation auf dem Gebiet des Verfassungsrechts zu sein.