Kinderbetreuungsgeld: Volksanwaltschaft fordert Umdenken von neuer Familienministerin Raab

22. Februar 2021

Serviceorientiert handeln, statt junge Familien jahrelang warten zu lassen und in existenzbedrohende Krisen zu stürzen:  Wieder musste eine Familie jahrelang auf das Kinderbetreuungsgeld warten, weil sich Österreich und ein anderes Land nicht einig waren, wer zuständig ist. „Die Volksanwaltschaft hat schon vor einem Jahr die damals zuständige Ministerin Christine Aschbacher ersucht, bürgerfreundlich, serviceorientiert und EU-rechtskonform vorzugehen. Aber unsere Einwände wurden ignoriert“, erinnert Volksanwalt Bernhard Achitz: „Jetzt ist Susanne Raab als neue Familienministerin zuständig. Ich appelliere an sie, endlich umzudenken und die Regeln anzupassen. Es kann nicht sein, dass Familien jahrelang auf ihr Geld warten müssen und dadurch in existenzielle Krisen gestürzt werden.“

Existenzbedrohende Verzögerungen

In der Missstandsfeststellung der Volksanwaltschaft wurden mehr als 30 grenzüberschreitende Fälle aufgezählt, wo es teilweise zu existenzbedrohlichen Verzögerungen gekommen war. Überwiegend handelt es sich um in Österreich lebende Familien, bei denen ein Elternteil nicht in Österreich, sondern in einem anderen EU-Land lebt und/oder arbeitet. Oder um Familien, die in anderen EU-Ländern leben, während aber ein Elternteil in Österreich arbeitet, was ebenfalls Anspruch auf österreichische Familienleistungen bedeutet. Immerhin werden ja hierzulande Steuern bezahlt.

Betroffene müssen ausländische Behörden abklappern

Die Volksanwaltschaft hat die Behörden aufgefordert, dass sie von den Betroffenen nicht mehr verlangen, auch im Ausland Anträge auf verschiedene Familienleistungen zu stellen, Entscheidungen darüber abzuwarten und eventuell zu bekämpfen, bevor in Österreich weiter geprüft wird. Das Ministerium beharrt darauf, dass die Betroffenen “formelle“ ausländische Bescheide vorlegen, was oft schwierig bis gar nicht zu bewerkstelligen ist.

Damit die Familien nicht endlos auf das Kinderbetreuungsgeld warten müssen, empfiehlt die Volksanwaltschaft, das Geld bzw. den Unterschiedsbetrag zu Leistungen aus anderen Ländern spätestens acht Monate nach Antragstellung zu zahlen oder einen Bescheid über die (teilweise) Ablehnung zu erlassen.

Grundprinzip des Rechtsstaats

Weiters weigern sich die Behörden in vielen Fällen, Bescheide auszustellen. Aber: Kein Bescheid, keine Berufungsmöglichkeit. „Dass man einen Bescheid bekommt, ist aber eines der Grundprinzipien eines Rechtsstaats, auch bei Entscheidungen über vorläufige Leistungspflichten. Das Ministerium ignoriert entsprechende Höchstgerichtsurteile“, so Achitz. Bei der Volksanwaltschaft haben sich allein im Jahr 2020 mehr als 40 betroffene Familien gemeldet.

SERVICE: Die Volksanwaltschaft ist unter post@volksanwaltschaft.gv.at sowie unter der kostenlosen Servicenummer 0800 223 223 erreichbar.