Auch in Wien Rekord-Beschwerdeaufkommen bei der Volksanwaltschaft

28. Mai 2014

Rund 5.000 Menschen in Wien wandten sich im vergangenen Jahr mit einer Beschwerde an die Volksanwaltschaft. In 1.063 Fällen leiteten die Volksanwältin und Volksanwälte ein Prüfverfahren über die Wiener Landes- und Gemeindeverwaltung ein. Das ist ein Plus von 15 Prozent. Dies stellten der Vorsitzende der Volksanwaltschaft, Dr. Günther Kräuter, Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer bei der heutigen Präsentation ihres aktuellen Berichts an den Wiener Landtag fest. „Um all diesen Bürgerinnen und Bürgern einen effektiven Rechtsschutz bieten zu können, ist eine Ausweitung der Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft auf private Rechtsträger, an denen Bund, Länder oder Gemeinden mit 50 Prozent beteiligt sind, unabdingbar“, fordert Kräuter.

Kräuter: Netzbetten in Wiener Psychiatrien verletzen Menschenrechtsstandards

Im Bereich des präventiven Menschenrechtsschutzes, für den die Volksanwaltschaft seit Juli 2012 zuständig ist, führten die Kommissionen in Wien bisher rund 263 meist unangekündigte Kontrollbesuche in Einrichtungen, in denen es zu Freiheitsentzug kommt oder kommen kann, durch. Sie stießen dabei auf gravierende menschenrechtliche Probleme in Wiener Psychiatrien. Ungeachtet der vom UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) und vom Europäischen Anti-Folter-Komitee vorgegebenen Menschenrechtsstandards sind dort nach wie vor Netzbetten im Einsatz. Die Volksanwaltschaft fordert, dies rasch abzustellen. „Das Beratungsorgan der Volksanwaltschaft, der Menschenrechtsbeirat, empfiehlt einstimmig, dass umgehend sichergestellt wird, dass Netzbetten und andere käfigartige Betten in Österreich nicht mehr verwendet werden“, so Kräuter.

Brinek: Zahlreiche bauliche Barrieren für Menschen mit Behinderung

Volksanwältin Brinek kritisiert, dass in Wien nach wie vor zahlreiche bauliche Barrieren für Menschen mit Behinderung bestehen. So sei auf der gesamten Donauinsel kein einziges behindertengerechtes WC für Rollstuhlfahrerinnen oder Rollstuhlfahrer zugänglich. Brinek mahnt die zügige Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und des Wiener Anti-Diskriminierungsgesetzes ein. „Die Stadt Wien ist verpflichtet, bei allen Umbauten Barrierefreiheit sicherzustellen. Ich habe daher die zuständigen Behörden aufgefordert, dem umgehend nachzukommen“, so Brinek. Wien hat bereits Maßnahmen zur Behebung der Mängel zugesagt.

Fichtenbauer: Schleppende Staatsbürgerschaftsverfahren für Betroffene unzumutbar

Volksanwalt Fichtenbauer kritisiert die gravierenden Verzögerungen bei Staatsbürgerschaftsverfahren durch die MA 35. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Entscheidungsfrist von sechs Monaten werde regelmäßig überschritten, die Behörde bliebe in einigen Fällen über Jahre völlig untätig. „Die offensichtlichen organisatorischen und inhaltlichen Mängel bei der Staatsbürgerschaftsbehörde führen zu Verzögerungen, die für Betroffene unzumutbar sind“, so Fichtenbauer. Das Projekt „Evaluierung Staatsbürgerschaft“ habe daher noch keine Verbesserungen bewirkt, so der Volksanwalt. Auch bei Niederlassungsverfahren überschreite die Behörde nach wie vor regelmäßig die gesetzliche Entscheidungsfrist.