Vorsitzwechsel in der Volksanwaltschaft

1. Juli 2009

Mit heutigem Datum übernimmt Volksanwältin Mag.a Terezija Stoisits von der bisherigen Vorsitzenden Dr. Gertrude Brinek den Vorsitz in der Volksanwaltschaft. Im Kollegium des nachprüfenden Kontrollorgans wechselt der Vorsitz jährlich mit Anfang Juli. Er ist mit der Entscheidungsbefugnis über administrative Angelegenheiten des Kollegialorgans verbunden und wird ab Juni 2010 von Volksanwalt Dr. Peter Kostelka übernommen werden.

Die neue Vorsitzende der Volksanwaltschaft Stoisits will die Volksanwaltschaft im kommenden Jahr besonders stark als Menschenrechtsanwaltschaft etablieren. „Österreich hat in den letzten Jahren kontinuierlich wichtige internationale Konventionen und Übereinkommen in diesem Bereich unterzeichnet. Als Kontrolleinrichtung wird sich die Volksanwaltschaft verstärkt mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welcher Form sie aber auch auf österreichischer Ebene umgesetzt wurden und werden. Ein gutes Beispiel bietet die UN-Antifolterkonvention, mit deren Unterzeichnung sich Österreich verpflichtet hat, einen nationalen Präventionsmechanismus zu schaffen. Im Regierungsübereinkommen von SPÖ und ÖVP ist die Volksanwaltschaft als nationale Umsetzungsstelle vorgesehen. Die Volksanwaltschaft verfügt über die notwendige Expertise und jahrzehntelange Erfahrung und ist bereit, diese Aufgabe zu übernehmen.“ Hier hofft die Vorsitzende der Volksanwaltschaft auf einen raschen Beschluss der politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger.

Einen weiteren Schwerpunkt sieht die langjährige Abgeordnete zum Nationalrat in einem verstärkten Diskurs mit den Parlamentarierinnen und Parlamentariern. „Die Volksanwaltschaft formuliert aufgrund ihrer Prüfergebnisse konkrete und rechtlich wie sachlich fundierte legistische Anregungen. Es ist erfreulich, dass es nunmehr einen eigenen Volksanwaltschaftsausschuss im Nationalrat gibt und ich hoffe, dass die wertvolle Expertise und Erfahrung der Volksanwaltschaft vor allem bei Debatten über notwendige Reformen verstärkt genutzt wird“, so Stoisits.

Anlässlich der heutigen Vorsitzübergabe zieht Volksanwältin Brinek eine positive Bilanz über ihre ersten zwölf Monate in der Singerstraße: „Im ersten Jahr meiner Tätigkeit als Volksanwältin war ich mit einem bunten Beschwerdebogen konfrontiert, die Prüfschwerpunkte lagen allerdings im Justizressort, im Finanzbereich und in Angelegenheiten der Landes- und Gemeindeverwaltung. Die Prüferinnen und Prüfer der Volksanwaltschaft haben aber auch in vielen Fällen, die nicht unmittelbar in ihre Zuständigkeit fallen, Ratsuchende mit Informationen und Auskünften unterstützt“, so Brinek.

Aufgrund ihrer Erfahrungen im letzten Jahr regt Brinek im Bereich der Sachwalterschaft ein duales System an, das der heutigen Lebensrealität der Menschen besser entspricht. Im Rahmen einer "Alterswohlfahrt" sollten so - wie vergleichsweise auch bei der Jugendwohlfahrt – Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter oder Therapeutinnen und Therapeuten den Betroffenen zur Seite stehen.

Volksanwältin Brinek regt einen umfassenden Diskussionsprozess an, der sich mit diesem teilweise als Tabuthema wahrgenommenen Bereich auseinandersetzt. "Menschen werden älter, häufiger dement und sind nicht mehr fähig, alleine ihr Leben zu bewältigen. Im Rahmen der von der Bundesregierung geplanten Reform des Sachwalterrechts gilt es nun, diese Bedürfnisse der Menschen besser zu berücksichtigen", so die Volksanwältin abschließend.

Die Volksanwaltschaft prüft seit 1977 im Auftrag der Bundesverfassung die Verwaltungsbehörden in Österreich, in sieben Bundesländern auch die Landes- und Gemeindeverwaltung. Im Vorjahr wandten sich rund 15.000 Menschen an die drei Mitglieder der Volksanwaltschaft und mehr als 6.500 Prüfverfahren wurden eingeleitet, um behördliche Entscheidungen zu kontrollieren. Prüfungsschwerpunkte waren dabei der Sozialbereich sowie das Justiz- und Innenressort.