Kostelka zu Familienbeihilfe für ausländische Familien

4. Mai 2009

Viele Familien wenden sich mit Problemen beim Bezug der Familienbeihilfe an die Volksanwaltschaft, die zwischen 2006 und 2008 über 220 Fälle überprüfte und einen generellen Anstieg der Beschwerden im Bereich Familienbeihilfenrecht feststellt. Ausländische Familien sind besonders häufig von Problemen beim Familienbeihilfenbezug betroffen. Die Volksanwaltschaft führte in diesem Zusammenhang 54 Prüfverfahren in den Jahren 2006 bis 2008 durch. „Die Volksanwaltschaft gesteht zwar zu, dass die Verfahren bei ausländischen Familien aufgrund der rechtlichen Bestimmungen komplexer sind. Dies rechtfertigt aber nicht, dass es bei ausländischen Familien gehäuft zu ungerechtfertigten Ablehnungen oder äußerst langen Verfahrensdauern kommt. Die betroffenen Familien warten zum Teil mehrere Jahre auf die ihnen zustehenden Familienleistungen“, fasst Volksanwalt Peter Kostelka das vorliegende Ergebnis der Prüfverfahren zusammen.

Frau N.N. ist deutsche Staatsbürgerin; ihr Lebensgefährte kommt aus Italien. Beide leben und arbeiten seit vielen Jahren in Österreich. Im Februar 2006 wurde ihr Sohn geboren. Trotz Vorlage umfangreichster Unterlagen erhielten sie zweieinhalb Jahre lang keine Familienbeihilfe. Erst nach einem Prüfverfahren der Volksanwaltschaft wurde der ablehnende Bescheid revidiert und die Familienbeihilfe rückwirkend ab der Geburt ausbezahlt. Ein Grund für die lange Verfahrensdauer wurde gegenüber der Volksanwaltschaft nicht angegeben. Dies ist ein exemplarisches Beispiel für die Probleme vieler ausländischer Familien bei der Prüfung ihrer Ansprüche auf Familienbeihilfe. Aufgrund der rechtlichen Bestimmungen muss die Behörde prüfen, ob die Familie ihren Lebensmittelpunkt in Österreich hat, hier beruflich tätig ist oder über ausreichende Existenzmittel verfügt. Die vielfältigen Beschwerden, die an die Volksanwaltschaft herangetragen werden, zeigen aber, dass diese Prüfung oft nicht rasch und zielgerichtet erfolgt, so dass Familien oft lange auf ihnen zustehende Familienleistungen warten müssen.

Bekommen ausländische Frauen mit gültigem Aufenthaltstitel in Österreich Kinder, ist die Ausstellung des Aufenthaltstitels für das Kind normalerweise zumeist reine Formsache. Dennoch müssen sie oft lange Zeit ohne jegliche Familienleistungen und im schlimmsten Fall auch ohne Versicherungsschutz auskommen. Nach der geltenden Rechtslage kann Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld nämlich erst dann beantragt werden, wenn der Heimatstaat Reisepass und Geburtsurkunde ausgestellt und übermittelt hat, was - sogar im EU-Raum - oft mehrere Monate dauert, und danach die Fremdenbehörde den Aufenthaltstitel für das neugeborene Kind ausgestellt hat. Doch auch die rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe ab Geburt für diese so genannten „nachgeborenen Kinder“, die seit einer auch von der Volksanwaltschaft geforderten Gesetzesnovelle 2006 ermöglicht wurde, kann nicht darüber hinweg täuschen, dass Familien durch die derzeit geltende Rechtslage nach der Geburt von Kindern teilweise in existenzbedrohliche Situationen gedrängt werden. Denn selbst Nachzahlungen ändern nichts daran, dass die Familien über lange Zeit ganz ohne Familienleistungen auskommen müssen.

Die Volksanwaltschaft hat bereits im Jahr 2006 festgestellt, dass eine kürzere Befristung der Familienbeihilfe ohne besonderen Grund bei Familien nicht-österreichischer Herkunft einen Missstand in der Verwaltung darstellt. In der Regel wird die Familienbeihilfe unbefristet bis zum 18. Lebensjahr des Kindes ausbezahlt. Mit einer kürzeren Befristung soll überprüft werden, ob die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe noch erfüllt sind. Dies wäre zB dann nicht der Fall, wenn der Lebensmittelpunkt der Familie nicht mehr in Österreich liegt. Dafür muss es jedoch einen besonderen Anhaltspunkt geben. Die nicht-österreichische Staatsbürgerschaft alleine reicht für die Rechtfertigung einer kürzeren Befristung nicht aus.

In der Praxis gibt es aber weiterhin regelmäßig Probleme: Die Befristung kann zu einer existenzgefährdenden Situation führen, da der Wegfall der Familienbeihilfe die Einstellung der Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld und damit den Wegfall des Krankenversicherungsschutzes nach sich zieht. Folgender Fall illustriert die Hindernisse, denen die Betroffenen ausgesetzt sind: Frau N.N. und ihre beiden Söhne sind österreichische Staatsbürger; der Vater des jüngsten Kindes allerdings Ausländer. Dies allein dürfte der Grund dafür gewesen sein, die Familienbeihilfe für den jüngeren Sohn nur für sechs Monate befristet zuzuerkennen. Erst durch die Volksanwaltschaft konnte der Fall zufrieden stellend gelöst werden. Vor kurzem hat auch die Gleichbehandlungskommission festgestellt, dass ungerechtfertige Befristungen der Familienbeihilfe eine verbotene Diskriminierung wegen ethnischer Zugehörigkeit darstellen.