Doppelte Vignettenpflicht bei Wechselkennzeichen
Bereits seit dem Jahr 2004 macht die Volksanwaltschaft das zuständige Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie regelmäßig auf ein Problem im Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 aufmerksam. „Wechselkennzeichen bedeuten in Österreich doppelte Vignettenpflicht. Obwohl die Besitzerinnen und Besitzer jeweils immer nur ein Fahrzeug - und damit potentiell auch eine mautpflichtige Straße – benützen, müssen sie für all ihre an-gemeldeten Fahrzeuge einzeln Vignetten kaufen“, fasst die zuständige Volksanwältin Terezija Stoisits den Unmut der knapp 370.000 Betroffenen zusammen. Trotz intensiver Bemühungen der Volksanwaltschaft wurde die diesbezügliche legislative Anregung der Volksanwaltschaft vom zuständigen Ressort nicht umgesetzt, die Problematik ist daher nach wie vor ungelöst.
Die Grundsatzargumentation der ASFINAG findet sich im Jahresbericht der Volksanwaltschaft aus dem Jahr 2005. So argumentierte die ASFINAG damals einem Betroffenen gegenüber, dass es sich bei der Vignette um einen fahrzeugbezogenen Nachweis handle, weshalb bei einem Wechselkennzeichen weder das bloße Mitführen noch das Umkleben möglich sei. Die vorgeschlagene Ausgabe einer zweiten "Gratis-Vignette" sei deshalb nicht machbar, da mehr als die Hälfte der mit Wechselkennzeichen betriebenen Fahrzeuge Wohnmobile, Geländefahrzeuge und Oldtimer seien, mit denen nur selten oder nie das vignettenpflichtige Straßennetz benützt werde. Die Anbringung einer speziellen Vignette direkt auf dem Kennzeichen wurde wegen möglicher Beeinträchtigung der Ablesbarkeit abgelehnt und darüber hinaus auch darauf hingewiesen, dass Wechselkennzeichen den Betrieb unterschiedlicher Fahrzeugkategorien gestatten, weshalb unterschiedliche Mautpreise vorgesehen wären.
„Diese Argumentation ist für die Volksanwaltschaft nicht schlüssig. Es gilt hier Lösungsansätze im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu entwickeln, das kann von der Ausgabe einer weiteren "Gratisvignette" bis zu einem Pauschalaufschlag auf den Vignettenpreis gehen“, so Stoisits. Wie die Volksanwaltschaft bereits in ihrem 28. Parlamentsbericht dargelegt hat, ist der Grundsatz, dass die Vignette nur durch Aufkleben gültig entrichtet werden kann, bereits jetzt durch Ausnahmen durchbrochen. Der Ausgabe einer zweiten Gratisvignette stünde insofern nichts entgegen, als ohnehin immer nur ein Fahrzeug mit dem Wechselkennzeichnen unterwegs sein kann. Dass mit den anderen Fahrzeugen das vignettenpflichtige Straßennetz faktisch oft nicht benützt wird, kann für die ASFINAG nicht von Bedeutung sein.
Problematisch dürfte eher der Fall sein, dass Wechselkennzeichen für Fahrzeuge unterschiedlicher Kategorien ausgegeben werden. Für ein Fahrzeug könnte wegen des zulässigen Höchstgewichts fahrleistungsabhängige Maut (zu entrichten mittels Go-Box), für ein anderes aber nur eine zeitabhängige Maut (zu entrichten mittels Vignette) erforderlich sein. Die Ausgabe einer zweiten "Gratis-Vignette" könnte nur auf Fahrzeuge, für die jeweils lediglich eine zeitabhängige Maut zu entrichten wäre, beschränkt werden. Laut einer ÖAMTC Umfrage aus dem Jahr 2006 würde die überwiegende Mehrheit von über 1.600 befragten Wechselkennzeichenbesitzerinnen und -besitzern einen rund zwölfprozentigen Preisaufschlag für eine Mehrfachvignette akzeptieren. „Mit einem solchen Aufschlag könnte das Problem unterschiedlicher Mautarten gelöst werden, als Volksanwältin halte ich die Forderung nach einer Ausnahmeregelung aufrecht und werde mich weiterhin für eine Lösung einsetzen“, so Stoisits abschließen