Kritik an der Wiener Behörde für Einwanderung und Staatsbürgerschaft MA 35

18. September 2021

Im Vorfeld der Dreharbeiten für diese „Bürgeranwalt“-Sendung  zogen mehrere Betroffene ihre Zusage, an der Sendung mitzuwirken, zurück. Peter Resetarits vermutete in seiner Moderation zu Sendungsbeginn, dass diese Personen befürchteten, durch ihren Fernsehauftritt im Behördenverfahren einen Nachteil zu erleiden. Die schließlich interviewte Frau stand daher beispielhaft für viele Personen, die sich bei Volksanwalt Walter Rosenkranz über die in Wien für Einwanderung und Staatsbürgerschaft zuständige MA 35 beschwerten.

Die US-Bürgerin hatte einen Österreicher geheiratet und war mit ihm nach Wien gezogen. Zur Erlangung eines Aufenthaltstitels hatte sie alle verlangten Unterlagen bei der MA 35 eingereicht und dann keine Rückmeldung dazu mehr erhalten. Ein Beamter, den man zwischenzeitlich telefonisch erreicht hatte, hatte einen sehr kompetenten und freundlichen Eindruck gemacht, ein zweites Mal habe unter der Telefonnummer jedoch niemand mehr abgehoben. Erst auf Nachfrage der Volksanwaltschaft antwortete die MA 35 schließlich, dass die eingereichten Unterlagen vollständig seien. Letztlich war die Frau aber „im Kreis geschickt“ worden und die MA 35 hatte – wie die Volksanwaltschaft feststellte – elf Monate lang gar keine Verfahrensschritte gesetzt. Quälend sei für die Frau die lange Ungewissheit gewesen. Außerdem habe sie befürchtet, dass bei weiteren Urgenzen ihr Antrag eventuell abgelehnt werden könnte.

Die MA 35 entsandte keine Vertreter zur Fernsehdiskussion und wies darauf hin, dass man zu Einzelfällen keine Auskünfte erteilen könne. Man bearbeite jährlich rund 150.000 Anträge. Die Gründe für Verfahrensverzögerungen seien bei immer komplexeren gesetzlichen Vorgaben zu suchen. In den nächsten Monaten werde ein telefonisches Servicecenter eingerichtet, sodass die Erreichbarkeit fortan sichergestellt sei.

Volksanwalt Walter Rosenkranz berichtete, dass die Volksanwaltschaft die langen Verfahrensdauern in der MA 35 bereits seit über 10 Jahren kritisiere, aber 2021 ein besonders starker Anstieg auf aktuell 650 Beschwerden (zum Zeitpunkt der Sendung) zu bemerken war. Nicht jede Beschwerde sei tatsächlich berechtigt. „Fälle, in denen die Anträge zwei, drei Jahre unbearbeitet liegen geblieben sind, sind aber drastisch: Diese Verfahrensverzögerungen stellen teils eine existenzielle Bedrohung dar, wenn die Auszahlung der Familienbeihilfe oder des Kindergeldes gestoppt wird“, so Rosenkranz. Nach Verlängerung des Aufenthaltstitels würden diese zwar auch rückwirkend ausbezahlt, viele Familien benötigten das Geld jedoch monatlich. „Ich wünsche mir von einer österreichischen Behörde mehr Fehlerkultur. Es gibt in der MA 35 aber seit etwa einem Jahr eine neue Leitung voller Elan und mit guten Ideen. Ich hoffe, die MA 35 kommt jetzt auf einen besseren Weg“, schloss Walter Rosenkranz.

 

Nachgefragt: Ist die Führerscheinprüfung online jetzt zulässig?

Eine Fahrschule hatte 2020 bereits viele Anmeldungen für ihre Osterkurse, als sie coronabedingt ihren Betrieb kurzfristig unterbrechen musste. Als Ersatz für den Präsenzunterricht entschloss sich der Fahrschulinhaber Onlinekurse anzubieten. Das Verkehrsministerium lehnte eine Gleichwertigkeit des Onlineunterrichts mit Präsenzunterricht zunächst ab, da beim Distance Learning die nonverbale Kommunikation der Kursteilnehmer vom Vortragenden nicht wahrgenommen werden könne. Volksanwalt Walter Rosenkranz kritisierte, dass im Fahrschulunterricht nicht erlaubt sein dürfe, was in Schulen und an Universitäten üblich wäre. Auch das Gutachten eines dazu befragten Verfassungsjuristen widersprach der Position des Verkehrsministeriums.

Mit zeitlich befristetem Erlass stellte das Verkehrsministerium im Februar klar, dass die theoretische Ausbildung wegen des lockdownbedingten „Rückstaus“ bei der Führerscheinausbildung auch ohne physische Anwesenheit in der Fahrschule in Form von „e-Learning“ vermittelt werden könne und verlängerte diesen Erlass mehrmals. Zuletzt legte das Verkehrsministerium eine Verlängerung bis 31. Juli 2021 mit Verordnung fest.  Mittlerweile dürfen die Fahrschulkurse jedoch wieder in Präsenz abgehalten werden. Onlinekurse dürften daher nach Auffassung des Ministeriums nur dann wieder angeboten werden, wenn es pandemisch (wieder) erforderlich würde, Präsenzkurse zu untersagen; dieser Standpunkt wird auch vom Vertreter der Wirtschaftskammer geteilt.

Dem hielt Volksanwalt Walter Rosenkranz in „Nachgefragt“ ein Urteil des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich entgegen, wonach auch aktuell kein Verbot von Onlinekursen im Fahrschulunterricht bestehe. „Es steht nirgendwo, dass der Unterricht online verboten wäre, zumal dies auch in anderen Ausbildungsbereichen möglich ist“, zitierte Rosenkranz das Landesverwaltungsgericht. Er setze seine Hoffnungen auch auf eine zurzeit in Bayern durchgeführte Studie, in der Präsenz- und Onlineunterricht verglichen werden, so Rosenkranz, der schließt: „Neue Erkenntnisse daraus könnten dann auch dem Ministerium zur Verfügung gestellt werden. Ein Onlineunterricht an Fahrschulen ist in Österreich derzeit nur während eines Lockdowns möglich, aber wenigstens gibt es diesen Ersatz für die Lockdown-Zeit!“