Kein Wohnplatz für Sabine S.

16. September 2023

Sabine S. (45) wurde mit einem offenen Rücken geboren, was zu körperlichen und mentalen Behinderungen führte. Sie besucht eine Tageswerkstätte für Menschen mit Behinderungen in Sollenau, Niederösterreich. Sie ist sehr zufrieden mit der Betreuung dort. Aber ihre Eltern, inzwischen 65 Jahre alt und in Pension, würden gern auch einen dauerhaften Wohnplatz für Sabine organisieren. Doch so einen geeigneten Platz für betreutes Wohnen unter Gleichaltrigen gibt für Frau S. nicht. Auch nicht in Sollenau, wo die Eltern sich sehr um eine dauerhafte Unterkunft bemüht haben. Denn sie hat wegen ihrer Blasenlähmung einen erhöhten Pflegeaufwand. Volksanwalt Bernhard Achitz brachte den Fall am 16. September in die ORF-Sendung „Bürgeranwalt“.

Lücke bei medizinischer Betreuung in Behinderteneinrichtungen

Für Achitz zeigt S.s Fall ein systematisches Problem auf: „Wir treffen immer wieder auf Fälle, wo Menschen mit Behinderungen einen zusätzlichen medizinischen Betreuungsbedarf haben. Aber die Behinderteneinrichtungen sind dafür nicht eingerichtet, sondern nur für Betreuung.“ Auf dieses Problem macht die Volksanwaltschaft seit Jahren aufmerksam. „Aber die Länder haben es noch immer nicht geschafft, diese Lücke zu schließen. Dann bekommen die Betroffenen gar keinen Platz in einer Einrichtung, und die ganze Betreuungs- und Pflegearbeit bliebt bei den Angehörigen hängen“, kritisiert Achitz.

Sabine S. wurde stattdessen ein Platz in einem Alten- und Pflegeheim angeboten. Doch ihre Eltern lehnen eine Unterbringung ihrer Tochter zwischen lauter Senior*innen ab; und auch die Volksanwaltschaft fordert seit langem, dass Fehlplatzierungen jüngerer pflegebedürftiger Menschen in Alten- und Pflegeheimen einzustellen sind.

Dem Land Niederösterreich fehlt es an Kreativität und Willen

„Gar kein Platz oder nur ein Platz in einem Altersheim – beides ist nicht akzeptabel und widerspricht der Behindertenrechtskonvention, die Österreich unterzeichnet hat und die Bund und Länder daher einhalten müssten“, sagt Volksanwalt Achitz: „Es müssen ausreichend Einrichtungen für Menschen mit Behinderung so ausgestattet werden, dass dort auch medizinische Betreuung möglich wird. Dafür müsste das Land dort entsprechendes Personal anstellen, oder man engagiert externes Personal, das dafür mehrmals am Tag in die Einrichtung kommt. Da fehlt es dem Land Niederösterreich an Kreativität und am Willen, rasch eine Lösung zu finden und umzusetzen.“