Volksanwaltschaft präsentiert Bericht im Kärntner Landtag

15. Oktober 2020

Die Volksanwälte Werner Amon, Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz stellten den aktuellen Bericht der Volksanwaltschaft zur Präventiven Menschenrechtskontrolle 2019 im Ausschuss des Kärntner Landtags vor und freuten sich über die Möglichkeit, einzelne Punkte mit den Abgeordneten direkt zu diskutieren.

Gesetzlicher Auftrag zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte

Mit Hilfe ihrer sechs regionalen Kommissionen führt die Volksanwaltschaft regelmäßig unangekündigte Kontrollen in Justizanstalten, Polizeiinspektionen, Polizeianhaltezentren, Alten- und Pflegeheime, Psychiatrien sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe durch, um Defizite und Risiken aufzuzeigen und auf Verbesserungen hinzuwirken. Bernhard Achitz: „Verletzungen der Menschenrechte sollen verhindert werden, noch bevor sie stattfinden. Es geht nicht um die Feststellung von vorhandenen Menschenrechtsverletzungen, sondern um konkrete Empfehlungen und Grundsätze, mit denen unmenschliche und erniedrigende Behandlung so unwahrscheinlich wie möglich wird.“

Volksanwaltschaft zeigt kritikwürdige Zustände und Gefährdungen auf

„Gerade weil die Einhaltung der Menschenrechte eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist es auch so wichtig, sich regelmäßig damit auseinanderzusetzen und zu diskutieren, wie diesem Auftrag am besten nachgekommen werden kann und wo es noch Verbesserungspotenzial gibt“, unterstrich Volksanwalt Walter Rosenkranz ebenfalls die Bedeutung der Präventiven Menschenrechtskontrolle.

2019 wurden österreichweit bei rund drei Viertel aller Kontrollen kritikwürdige Zustände und Gefährdungen wahrgenommen: Zu wenig Personal, fehlende Barrierefreiheit, überbelegte Justizanstalten, unverhältnismäßige freiheitsbeschränkende Maßnahmen, Unterbringungen von psychisch kranken Kindern in der Erwachsenenpsychiatrie sind nur einige Beispiele. Einige der festgestellten Mängel konnten nach Gesprächen mit den Verantwortlichen bereits behoben werden. Wenn Trägerorganisationen und Aufsichtsbehörden allerdings an die Grenzen ihrer Möglichkeiten stoßen, ist die Politik gefragt, die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.

„Wir nehmen unsere Aufgabe als Menschenrechtshaus der Republik sehr ernst, deshalb ist gerade die Arbeit der Kommissionen so wichtig, um bereits im Vorfeld mögliche Verletzungen der Menschenrechte zu erkennen und abzustellen“, betonte Volksanwalt Amon.

In Kärnten führte die zuständige Expertenkommission im Berichtsjahr 2019 insgesamt 37 Kontrollbesuche durch:

 

Einrichtungstyp Anzahl der Besuche
Polizeiinspektionen 8
Polizeianhaltezentrum 1
Alten- und Pflegeheime 1
Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe 3
Einrichtungen für Menschen mit Behinderung 9
Psychiatrische Abteilungen in Krankenhäusern 3
Justizanstalten 4
Sonstige 2
Polizeieinsätze 2

 

Eine Herausforderung: Wegweisungen und Betretungsverbote gegenüber Menschen mit Behinderung

Nach einem Impulsdurchbruch und einem Polizeieinsatz musste ein junger Mann eine Wohneinrichtung in Klagenfurt abrupt verlassen. Alle Einrichtungen in Kärnten verweigerten seine Aufnahme. Durch die fehlende staatliche Versorgung war seine Mutter folglich ganz auf sich alleine gestellt und körperlich sowie psychisch schwer belastet.

Die Volksanwaltschaft ersuchte in diesem Fall den Menschenrechtsbeirat (MRB) um Unterstützung. Seine Stellungnahme ist auf der Website der Volksanwaltschaft abrufbar und wurde für Betroffene in leichte Sprache übertragen.

Länder müssen genug Krisenwohnplätze bereithalten

Einerseits zählen sowohl Personen, die aggressivem Verhalten von Mitbewohnerinnen oder Mitbewohnern ausgesetzt sind, als auch jene, die selbst aggressiv oder gewalttätig werden, zu besonders schutzbedürftigen Menschen. Aufgrund ihrer Behinderung haben sie oft nicht die Möglichkeit, kurzfristig selbst eine andere adäquate Versorgung zu organisieren. Diese hohe Schutzbedürftigkeit zieht eine gesteigerte menschenrechtliche staatliche Verantwortung mit sich. Einschränkungen von Freiheitsrechten müssen daher nicht nur verhältnismäßig sein, sondern es müssen davor auch sämtliche gelindere Mittel ausgeschöpft worden sein.

Andererseits hat die Polizei eine gefährdete Person vor weiterer Gewalt zu schützen. Das Betretungsverbot ermöglicht eine rasche und wirksame Beendigung einer Gefahrensituation. Aus Sicht des MRB ist die Verhängung eines Betretungsverbotes gegenüber Menschen mit Behinderungen als letztes Mittel daher grundsätzlich zulässig. Es bräuchte jedoch ergänzende gesetzliche Rahmenbedingungen. Besonders wichtig wäre daher sicherzustellen, dass Einrichtungen, die Menschen mit Behinderungen aufnehmen, die schon im Vorfeld durch ein selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten aufgefallen sind, entsprechend vorbereitet sind. Dazu zählen:

  • ausgebildetes und erfahrenes Personal
  • allgemeine Gewaltpräventionskonzepte
  • zusätzlich individuelle Deeskalations- und Krisenpläne

Menschen mit Behinderungen haben gegenüber dem Staat einen Rechtsanspruch auf Wohnen, Verpflegung, Betreuung und Pflege. Volksanwalt Bernhard Achitz: „Die Verantwortung für die weitere Wohnversorgung von Weggewiesenen liegt vor allem bei den Ländern. Sie müssen Krisenwohnplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen, damit nicht wieder Betroffene auf sich allein gestellt sind.“

Diese Krisenwohnplätze müssten entweder im Rahmen einer stationären Krankenbehandlung, einer Unterbringung in einer psychiatrischen Abteilung oder in einer anderen vollbetreuten Einrichtung im Rahmen der Behindertenhilfe gewährleistet werden.