Volksanwalt Achitz: Eltern-Kind-Pass-Untersuchungen nicht „privatisieren“!
„Der Eltern-Kind-Pass ist ein ganz wesentlicher Teil der Vorsorgemedizin. Sollte die Ärztekammer nun tatsächlich aussteigen, wäre das ein gravierender Einschnitt in die Prävention“, sagt Volksanwalt Bernhard Achitz: „Für die Eltern ist das Einschicken der Untersuchungsbestätigungen schon ein gewisser bürokratischer Aufwand, wie man an immer wieder auftauchenden Beschwerden an die Volksanwaltschaft sieht. Wenn sie nun auch noch privat für die vorgeschriebenen Untersuchungen bezahlen müssten, wäre die Situation noch komplizierter, und sie würden nur einen Teil der Kosten erstattet bekommen.“
Im Rahmen der Reform müssen auch Hürden für Eltern abgebaut werden
„Bei dieser Gelegenheit sollten aber auch unnötige Hürden beseitigt werden. Derzeit ist die Auszahlung des Kinderbetreungsgelds an die korrekte Durchführung und den Nachweis der ersten zehn Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen gekoppelt. Manchmal müssen Eltern 1.300 Euro Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen, nur weil sie eine Bestätigung für eine Mutter-Kind-Pass-Untersuchung um einen Tag zu spät in den Postkasten geworfen haben.“
Ein Beispiel von mehreren, die sich an die Volksanwaltschaft gewandt haben: "Eine Mutter von zwei kleinen Kindern bezog Kinderbetreuungsgeld – doch das wurde ihr um 1.300 Euro gekürzt. Sie hatte zwar die im Mutter-Kind-Pass vorgesehenen Untersuchungen machen lassen, aber leider nicht alle Bestätigungen rechtzeitig an die Krankenkasse geschickt. Achitz: „Bestraft werden also nicht Eltern, die Untersuchungen nicht gemacht haben und dadurch die Gesundheit des Kindes gefährden, sondern die nur auf das Abschicken einer Bestätigung vergessen haben.“
Kinderbetreuungsgeldgesetz ändern
Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen müssen spätestens bis zum 14. Lebensmonat durchgeführt, die Bestätigungen darüber bis zum 18. Lebensmonat an die Krankenkasse geschickt werden. Fehlende Bestätigungen führen zu Kürzungen des Kinderbetreuungsgelds – für jeden Elternteil um 1.300 Euro. Für Volksanwalt Achitz „nicht bürger*innenfreundlich.“ Um Spielraum zu schaffen, müssten das Familienministerium und der Nationalrat die Initiative ergreifen und im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Reform auch das Kinderbetreuungsgeldgesetz ändern.
Auch der OGH stellte fest, dass das Hauptgewicht der gesetzlichen Bestimmung auf der Untersuchung selbst und nicht auf ihrem Nachweis liegt. Selbst in den parlamentarischen Materialien zur Vorgängerbestimmung wird darauf hingewiesen, dass „es zu Härtefällen führt, wenn sämtliche Untersuchungen ordnungsgemäß durchgeführt wurden und das Kinderbetreuungsgeld nur deswegen reduziert wird, weil der Nachweis verspätet erbracht wurde.“
Viele Bestätigungen liegen der Krankenkasse ohnehin vor
Die Volksanwaltschaft kritisiert außerdem einen weiteren Punkt: Werden die Untersuchungen von einem Kassenarzt bzw. einer Kassenärztin durchgeführt und mit der Krankenkasse verrechnet, dann weiß letztere ohnehin, dass die Untersuchungen stattgefunden haben. Die Gesetzeslage sanktioniert also, wenn man die Bestätigung jener Stelle nicht vorlegt, bei der sie ohnehin vorliegt. Achitz: „Diese kafkaeske Gesetzeslage sollte bereinigt werden.“
SERVICE: Die Volksanwaltschaft ist unter post@volksanwaltschaft.gv.at sowie unter der kostenlosen Servicenummer 0800 223 223 erreichbar.