Unterstützung für behinderte Brüder gestrichen

22. Juni 2013

Kritik am steiermärkischen Behindertengesetz

Die Brüder Matthias und Anton sind geistig behindert und leben bei ihren Eltern im steirischen Mönichwald. Die Brüder besuchten bis 2006 verschiedene Einrichtungen der Behindertenhilfe und bezogen währenddessen auch Lebensunterhalt vom Land Steiermark in der Höhe von jeweils bis zu 327,- Euro pro Monat. Das Land Steiermark stellte für Matthias die Auszahlung des Lebensunterhaltes im Februar 2011 und für Anton im August 2012 ein.

Das steiermärkische Behindertengesetz sieht seit einer Novellierung im Jahr 2007 vor, dass der Bezug von Lebensunterhalt an den Besuch einer Einrichtung der Behindertenhilfe bzw. einer Tageswerkstätte gekoppelt ist. Die beiden bevorzugen es aber, zu Hause betreut zu werden, wo sie auch im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb mithelfen. Professionelle Betreuung erhalten sie dreimal wöchentlich vom mobilen Dienst der Lebenshilfe Steiermark.

In der Sendung unterstreicht Mag. Barbara Pitner, die Leiterin der Abteilung Soziales des Landes Steiermark, dass die Behörden mit der Einstellung der Auszahlung korrekt nach dem Gesetz gehandelt hätten. Mit der Novellierung des Gesetzes im Jahr 2007 zielte der Gesetzgeber darauf ab, Menschen mit Behinderung zu fördern, die an ihrer Integrierung in die Gesellschaft aktiv mitarbeiten.

Doch das steiermärkische Behindertengesetz gibt Anlass zur Kritik. Volksanwalt Dr. Peter Kostelka betont, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Gesetzes zu eng fasste. Eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit ist nicht nur in einer Einrichtung der Behindertenhilfe möglich, sondern eben auch zu Hause. Des Weiteren werden die beiden Söhne professionell von der Lebenshilfe betreut. Diese Betreuung zielt auch auf eine Fortentwicklung ihrer Fähigkeiten ab.

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka kritisiert den Entzug des Lebensunterhaltes als diskriminierend, da dieser wesentlich für das selbstbestimmte Leben der beiden jungen Männer sei.  Die Streichung erschwere die Tätigkeit am Hof und die Integration in das Dorf. „Die beiden Söhne können sich am besten in das gesellschaftliche Umfeld integrieren, wenn sie zu Hause wohnen und betreut werden. Darauf hat der Gesetzgeber vergessen“, betont Volksanwalt Dr. Kostelka. Er fügt außerdem hinzu, dass die jetzige Regelung für das Land Steiermark kostengünstiger sei. Würden die beiden in eine Tageseinrichtung (z.B. Betreutes Wohnen) gehen, käme das dem Land um ein Vielfaches teurer.

Die Volksanwaltschaft regt eine gesetzliche Änderung des Behindertengesetzes an. Wie das Beispiel der beiden Brüder erkennen lässt, ist eine strenge Bindung an den Besuch einer Behinderteneinrichtung nicht sachgerecht. Das Gesetz muss größere Rücksicht auf die Entscheidungen und Wünsche der Betroffenen nehmen. Zudem verpflichtet die UN-Behindertenrechtskonvention die Staaten, Menschen mit Behinderungen ausreichend finanziell zu unterstützen, um ihnen einen angemessenen Lebensstandard zu gewährleisten.

Bilanz Volksanwalt Dr. Peter Kostelka

Mit Ende Juni geht die Amtszeit von Volksanwalt Dr. Kostelka nach zwölf Jahren zu Ende. Anlässlich der letzten Bürgeranwaltssendung mit Dr. Kostelka zeigte der ORF einen Rückblick über die vergangenen Jahre. In der Sendung zieht der Volksanwalt Bilanz über seine Tätigkeit, über seine Erfolge und spricht über seinen Blick aus Sicht des Bürgers auf die Missstände in der Verwaltung und über seinen weiteren beruflichen Weg.

Die Sendung kann sieben Tage lang nach Ausstrahlung in der ORF-TVthek abgerufen werden.