Übermäßige Härte der Polizei bei Coronavirus-Schutzmaßnahmen?
Laut BMI wurden wegen Verstößen gegen Covid19-Verordnungen österreichweit 34.230 Anzeigen gemacht und 7.300 Organmandate ausgestellt, hauptsächlich wegen Missachtung der Betretungsverbote und Nichteinhaltung der Mindestabstände zu haushaltsfremden Personen. Nur ein Bruchteil der Bestraften strengte ein Bescheidbeschwerdeverfahren an. Bei 148 anhängigen Verfahren in Wien wurden mittlerweile drei Strafbescheide aufgehoben und acht bestätigt. In Niederösterreich gab es dreizehn anhängige Verfahren, in den übrigen Bundesländern insgesamt 28.
Volksanwalt Walter Rosenkranz haben ebenfalls zahlreiche Beschwerden gegen polizeiliche Coronavirus-Schutzmaßnahmen erreicht. Er bedankte sich in der Sendung „Bürgeranwalt“ ausdrücklich bei allen Polizistinnen und Polizisten für ihren Einsatz, bedauerte jedoch, dass sie offenbar nur unzureichende Handlungsanleitungen von übergeordneten Stellen bekommen hätten. Das BMI habe bundesweite Standards zugesagt, diese habe es tatsächlich jedoch nie gegeben.
Der Sprecher der Landespolizeidirektion Wien entgegnete, dass Unsicherheiten und überschießendes polizeiliches Vorgehen eher am Beginn der Maßnahmen festzustellen gewesen wären. Ein Vorfall auf der Jesuitenwiese im Wiener Prater, bei dem sich Bürger von einem über ihren Köpfen kreisenden Polizeihubschrauber eingeschüchtert fühlten, habe innerhalb der ersten drei Tage nach Erlassung der zugrundeliegenden COVID-19-Verordnung stattgefunden. Bei 34.000 Anzeigen, die von 32.000 Polizistinnen und Polizisten gelegt worden seien, käme man nur auf rund eine Anzeige je Polizeiorgan. An einem normalen Wochenende registriere man mehr Verkehrsdelikte als alle Verwaltungsstrafen im Zusammenhang mit Covid19-Maßnahmen zusammen ausgemacht hätten.
Volksanwalt Rosenkranz kritisierte, dass es für Bürger, die ihre Strafe umgehend bezahlt hätten, kaum oder nur schwer möglich sei, den einbezahlten Betrag wieder zurückzuerhalten. Eine Diskrepanz zwischen strafwürdigen Delikten und dem, was als strafwürdiges Verhalten kolportiert wurde, habe es tatsächlich gegeben. Weiters hätten Verfassungsjuristen auf die Diskrepanz zwischen Verordnungen und dem zugrundeliegenden Gesetz hingewiesen. Da es schon auf Ministeriumsebene zu unterschiedlichen Auffassungen gekommen sei, dürfe auch dem einzelnen Polizisten vor Ort kein Vorwurf gemacht werden. Dass man in einem Bundesland für etwas bestraft werde, wofür es im anderen Bundesland keine Grundlage gäbe, sei überdies auch ihm unverständlich, so Volksanwalt Rosenkranz.
Laut Sprecher der Landespolizeidirektion Wien sei im wesentlichen dann gestraft worden, wenn Mindestabstände ganz offensichtlich nicht eingehalten wurden und die Angesprochenen auch nach Ermahnung das „Social Distancing“ verweigert hätten. Von Volksanwalt Rosenkranz angesprochene Fälle, in denen sich Bürger rechtfertigen mussten, warum sie nicht auf dem kürzesten Weg ihre Einkäufe erledigten, hätten nicht vorkommen sollen, da dies auch nie verboten war. Selbst Ermahnungen könnten nur für strafwürdige Tatbestände ausgesprochen werden.
Die Volksanwaltschaft werde sich jedenfalls die Kommunikation zwischen Innen- und Gesundheitsministerium noch genau ansehen, ebenso die Dienstanweisungen, die an die Polizisten vor Ort ergangen sind, versprach Volksanwalt Rosenkranz.
Wasserabrechnung für mehrere Grundstücke auf einen Abnehmer abgewälzt
Im „Nachgefragt“ wurde der Fall eines Wieners behandelt, auf dessen Grundstück sich der Wasserzähler für mehrere Grundstücke befindet. Von der Stadt Wien erhielt er daher die gemeinsame Abrechnung für alle Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer. Er beschwerte sich bei der Volksanwaltschaft darüber, dass man die Aufgabe, den Rechnungsbetrag auf alle Grundstückseigentümer aufzuteilen, auf ihn abgewälzt habe, und verlangte eine Wasserabrechnung, die sich nur auf seinen eigenen Wasserverbrauch bezieht.
Die MA 31 („Wiener Wasser“) argumentierte, sie könne die Grundstücke nicht betreten, da diese durch einen Privatweg verbunden seien. Weg und Wasserleitung gehörten den Anrainerinnen und Anrainern zu gleichen Anteilen. Wasserleitungen dürfe man nur auf öffentlichem Grund verlegen. Die Volksanwaltschaft, die sich des Problems bereits 2019 angenommen hat, sieht in der Praxis der MA 31 eine Ungleichbehandlung des Betroffenen, ja sogar eine Verletzung des verfassungsmäßigen Willkürverbots. Sie sprach eine Empfehlung an die zuständige Behörde aus, dem Anliegen des Betroffenen zu entsprechen und den Rechnungsbetrag auf alle Miteigentümerinnen und -eigentümer aufzuteilen.
In einer Stellungnahme lehnte es die MA 31 ab, der Empfehlung der Volksanwaltschaft zu entsprechen. Die Volksanwaltschaft zeigte dennoch einen Weg auf, um den für den Betroffenen unhaltbaren Zustand zu beenden. Sie wies darauf hin, dass im Rechnungsbescheid nicht einmal alle Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer genannt werden. Auch die Stadt Wien könne – entgegen der Behauptung der MA 31 ohne großen Aufwand – die Miteigentümerinnen und Miteigentümer einfach im Grundbuch finden. Ein Schreiben der Volksanwaltschaft wurde bereits an die Stadt Wien übermittelt und wird in den zuständigen Ausschüssen diskutiert. Der Volksanwaltschaftsei es ein Anliegen, dem Betroffenen den aufwändigen Gang zu den Höchstgerichten zu ersparen.
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