Pflege-Enquete in der Volksanwaltschaft

29. November 2010

Die Herausforderungen für eine zukunftsfähige, solidarische und humane Pflegevorsorge steigen. Das Thema Pflege wird in der öffentlichen Diskussion immer wichtiger. Der für den Sozialbereich prüfzuständige Volksanwalt Dr. Peter Kostelka lud daher am 29. November 2010 zur Enquete "Die Zukunft der Pflege und Betreuung“.

Aktuell beziehen rund 435.000 Personen Bundes- oder Landespflegegeld, was etwa 5% der österreichischen Bevölkerung entspricht. Ca. 250 Prüfverfahren jährlich führt die Volksanwaltschaft durch, weil sich Betroffene oder deren Angehörige gegen konkrete Pflegegeldeinstufungen wenden und meinen, dass Gutachten und Pflegegeldbescheide ihre Lebenssituation nicht ausrechend berücksichtigen. „Seit Einführung des Bundes-und der Landespflegegeldgesetze im Jahr 1993 hat die Volksanwaltschaft so einen Gesamtüberblick über rund 5.000 konkrete Pflegebedarfseinschätzungen gewonnen. Jede fünfte Beschwerde ist tatsächlich berechtigt. Oftmals kann und muss die Pflegegeldzumessung gleich um mehrere Stufen nachgebessert werden“, so Kostelka bei der Eröffnung der Enquete, bei der unter anderem Bundesminister Rudolf Hundstorfer teilnahm.

Einschließlich der Gemeinden zahlen zurzeit 280 verschiedene Stellen Pflegegeld aus. Die mangelnde Qualität der für die Einstufung maßgeblichen Gutachten und fehlende Bemühungen zu einem bundesweiten "Qualitätscontrolling im Begutachtungsprozess" zu kommen, wurde in zahlreichen Berichten der Volksanwaltschaft an das Parlament und die Landtage moniert.

Gefordert wird von der Volksanwaltschaft seit vielen Jahren eine ergänzende, die individuellen Verhältnisse berücksichtigende Sozialberatung, in der eine Gesamtschau auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten von Pflegebedürftigen und deren pflegende Angehörige erfolgt. Die Erbringung von pflegebezogenen Sachleistungen ist regional sehr unterschiedlich organisiert; der Zugang, die zeitliche Verfügbarkeit, die Qualität und der Preis professioneller Unterstützung variieren sehr stark. „Soziale Dienste aber auch Zuschüsse zu Hilfsmitteln und Heilbehelfen, die Angehörige entlasten könnten, müssen bei verschiedensten Stellen eigens beantragt werden. Dies ist für viele Pflegende nicht mehr zu bewältigende Hürde. Amtswegige Sozialberatung gibt es auch dann nicht, wenn Behörden bekannt ist, dass hochgradig Pflegebedürftige zu Hause betreut werden und dadurch ein Aufenthalt im Pflegeheim vermieden wird“, so Kostelka. Ein auf individuelle Pflegebedürftigkeit spezialisiertes "All-Sparten-Service", welches sich über alle Sozialversicherungszweige, landesrechtliche Ansprüche und Fördermaßnahmen sowie bedarfsorientierter Sachleistungsangebote erstreckt, gibt es bisher nicht. Durch sektorale Betrachtungen jeweils eigener enger Zuständigkeitsbereiche erfolgt oft eine unzureichende Beratung, die sich zwangsläufig im Pflegealltag nachteilig niederschlägt. "Für die Betroffenen und ihre Familien ist es bereits fünf nach zwölf, die Politik muss daher raschest handeln und die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen", so Kostelka abschließend.