ORF-Bürgeranwalt, 19.05.2012 mit Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek

19. Mai 2012

Wann gilt eine Wiener Gemeindewohnung als behindertengerecht?

 

Die 53 m2 große Wohnung liegt im 4 Geschoss des Hauses. Zwar ist die Wohnung barrierefrei erreichbar, jedoch kann die Betroffene die schwere  Lifttüre nicht selbständig öffnen, die Fenstergriffe sind für sie nicht erreichbar, weder Bad noch WC sind behindertengerecht ausgestattet und den kleinen Balkon konnte sie überhaupt noch nie betreten . Besonders kritisiert wird von ihr die nicht transparente Vergabepraxis von Wiener Wohnen, die eine ähnlich ausgestattete Wohnung in unmittelbarer Nachbarschaft nach Ableben der  behinderten Mieterin als „Normalwohnung“ vergeben wurde. Von ihr  wurde jedoch die Unterfertigung einer Verzichtsklausel verlangt, die eine Weitergabe der Wohnung an ihren Sohn ausschließt.  Volksanwältin Brinek dazu: „Diese Verzichtserklärung entbehrt jeglicher gesetzlicher Grundlage und ich verlange umgehend die Streichung der Klausel und eine transparente Vergabe dieser Wohnungen. Darüber hinaus vermisse ich eine Sensibilisierung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und betone nochmals, dass sich Österreich, nämlich Bund, Länder und Gemeinden  im Rahmen der Behindertenrechtskonvention verpflichtet hat, Nichtdiskriminierung und Barrierefreiheit zu gewährleisten.“  Die Volksanwältin verweist abschließend darauf, dass 90 % aller Österreicherinnen und Österreicher im Alter zu Hause betreut werden wollen und daher die Notwendigkeit behindertengerechten Ausgestaltung von Wohnungen und Häusern dringend gegeben ist. Noch während der Sendung wird von Wiener Wohnen angeboten, mögliche kleine Verbesserungen in der bestehenden Wohnung vorzunehmen oder gegebenenfalls eine andere Wohnung anzubieten, die den Bedürfnissen der Rollstuhlbenützerin entspricht.

 

Leuchtreklame auf Feuermauer

 

Irene P. lebt seit mehr als 30 Jahren im Obergeschoß eines Altbaus im siebenten Wiener Gemeindebezirk. Seit  mittlerweile zwei Jahren wird auf eine Feuermauer in unmittelbarer Nähe mittels Projektor eine Lichtreklame projiziert,  durch die sie sich massiv gestört fühlt.

Anfangs wechselte die Werbung gar alle zehn Sekunden, allabendlich bis 23 Uhr. Erst nach einer Beschwerde wurde der Wechsel wenigstens auf alle vier Minuten umgestellt und die Projektion wird ab 22 Uhr eingestellt, trotzdem stellen die „Lichtspiele“ einen Eingriff in ihre Wohn- und Lebensqualität dar  und die Betroffene kritisiert, dass bei Inbetriebnahme nicht ausreichend auf ihre Interessen Bedacht genommen worden ist. Jene Projektoren befinden sich im Eigentum der Gemeinde Wien und die Volksanwaltschaft kritisiert, dass kein behördliches Bewilligungsverfahren vorgenommen wurde. Volksanwältin Brinek dazu: „Ich fordere mehr Sensibilität gegenüber Lichtsmog.  In jedem Fall ist um eine Gebrauchserlaubnis anzusuchen – im Zuge dieses Bewilligungsverfahrens müssen dann auch öffentliche Rücksichten geprüft werden. Auch eine Überprüfung im Sinne der Straßenverkehrsordnung wäre vorzunehmen, weil die Gefahr der Verwechslung von Lichtzeichen  bzw. ein Ablenkungseffekt möglich wären.“ Eine Überprüfung wird seitens des zuständigen Vertreters der Stadt Wien zugesagt.