NGO-Forum 2023: Volksanwaltschaft vernetzt Armutsbetroffene mit Behörden
Das jährliche NGO-Forum der Volksanwaltschaft widmete sich heuer der Armutsbekämpfung – und speziell jenen Behörden, die dazu einen Beitrag leisten. Volksanwalt Bernhard Achitz: „Es geht uns darum, das System gemeinsam mit den Behörden zu verbessern und nicht nur Fehler aufzuzeigen.“ Miteinander statt übereinander reden war angesagt, und so trafen einander mehr als 80 Armutsbetroffene, Vertreterinnen und Vertreter von NGOs sowie von Sozialämtern, AMS, Sozialversicherung und anderen Behörden zur Vernetzung. Für Volksanwalt Walter Rosenkranz ein Erfolgsmodell: „Ich liebe Traditionen so sehr, dass ich gerne neue schaffen möchte. Das NGO-Forum sollte so eine neue Tradition werden.“
Christine Sallinger von der Plattform Sichtbar Werden meinte, über Armut zu reden, bedeute „zeigen, dass wir nicht allein sind. Es geht sehr viel um Beschämung. Wir müssen gemeinsam etwas unternehmen, damit wir nicht klein gemacht werden.“ Ihr Wunsch: Man muss mit uns sprechen, nicht über uns. Wir sind die Expertinnen und Experten!“ Ihre Forderung: „Es braucht Rechtsansprüche. Rechte einfordern können ohne kämpfen zu müssen, das wäre ein Traum!“
„Was für andere normal ist, bedeutet für uns Luxus“
„Was für andere Menschen normal ist, ist für Armutsbetroffene Luxus, zum Beispiel, einmal einen Kaffee zu trinken“, berichtete Henriette Gschwendtner (Exit Sozial Linz). Und Sandra Yildiz (Backstreet Guides) machte deutlich, dass Armut alle treffen könne: „Ich habe wirklich gut gelebt, bin auf Urlaub gefahren. Dann habe ich den Job verloren, weil eine Operation notwendig war. Da habe ich gesehen, wie schnell man abstürzen kann.“
Karin Heitzmann von der WU Wien brachte die Sicht der Wissenschaft zum NGO-Forum: „Es ist immer besser, ein soziales Problem gar nicht erst auftreten zu lassen, als es im Nachhinein zu beseitigen.“ Ihr Fazit: „Die Armutspolitik muss neu ausgerichtet werden. Wir müssen stärker in die Armutsprävention gehen. Und dort, wo es dafür zu spät ist, muss die Politik bedarfsorientiert vorgehen. Und mehrdimensional – Geld ist nicht alles.“ Man müsste manchmal sehr ungleich vorgehen, um Gleichheit herzustellen.
In Arbeitsgruppen zu den Themen
- AMS
- Pensionsversicherung
- Krankenversicherung
- Bildungsdirektion
- Behindertenhilfe
- Fremden- und Aufenthaltsrecht
- Mindestsicherung / Sozialhilfe
diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer direkt mit Vertreterinnen und Vertretern der jeweiligen Behörden, was gut funktioniert, wo es Verbesserungsmöglichkeiten direkt in der Arbeit der jeweiligen Behörde gibt, aber auch, wo es Bedarf nach mehr Kooperation zwischen den einzelnen Stellen gibt. „Besonders heikel ist es dort, wo sich die Menschen von einer Institution zur anderen geschickt werden, wo nicht eindeutig ist, wer zuständig ist, wenn eine Stelle meint, es soll eine andere zuerst tätig werden, … Hier ist es für Volksanwaltschaft oft schwierig, Menschen zum Erfolg zu verhelfen“, sagte Volksanwalt Achitz.
Gesetzliche Änderungen notwendig
Und nicht zuletzt sollten die Arbeitsgruppen auch aufzeigen, welche Probleme nicht innerhalb oder zwischen den Behörden gelöst werden können, weil dort nur Reformen auf gesetzlicher Ebene zum Ziel führen würden. Als Beispiel wurde oft die Mindestsicherung/ Sozialhilfe genannt, wo es wieder österreichweit einheitliche Mindestsätze geben müsse. Achitz: „Die Volksanwaltschaft wird weiter den Finger in die Wunde legen und solche Probleme aufzeigen und mit der Politik diskutieren, wo gesetzlicher Änderungsbedarf besteht.“ Die Ergebnisse und Forderungen des NGO-Forum 2023 werden wie im Vorjahr in einem schriftlichen Bericht zusammengefasst, der an Nationalrat und Landtage übermittelt wird.
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Podiumsdiskussion mit v.l.n.r.: Volksanwalt Bernhard Achitz, Heinrich Himmer (Bildungsdirektion Wien), Cornelia Altreiter-Windsteiger (Mindestsicherung), Georg Hufgard-Leitner (Fremden- und Aufenthaltsrecht), Martin Wancata (Behindertenhilfe), Peter Schleinbach (Pensionsversicherung), Petra Draxl (AMS) und Alexander Hagenauer (Krankenversicherung).