Messerattacke trotz Betretungsverbots
Der Fall erregte durch Zeitungsberichte Aufsehen: Anfang Jänner 2017 soll der Ex-Freund einer Grazerin an drei von ihr zu Hilfe gerufenen Polizisten vorbei in die Wohnung gestürmt sein und die Frau mit einem Messer schwer verletzt haben. Wenige Tage davor war ein Betretungsverbot verhängt worden, der Mann hatte die Frau schon öfter verfolgt und auch bedroht.
Zehnmal soll der Mann nach Mitteilung der Rechtsanwältin auf die Grazerin eingestochen haben, bis das Messer in ihrem Arm stecken geblieben und er schließlich von der Polizei überwältigt worden sei. Sowohl die Niere, als auch die Lunge und das Zwerchfell der jungen Frau seien gravierend verletzt worden, einer der Stiche habe das Herz nur knapp verfehlt. Das Opfer sei in Lebensgefahr geschwebt und habe im Krankenhaus notoperiert werden müssen. Inzwischen sei die Frau wieder nach Hause entlassen worden, sie befinde sich auf dem Weg der Besserung.
Die junge Mutter erhebt nun Schadensersatzansprüche gegen die Republik Österreich. Ihre Anwältin spricht von unterlassener Hilfeleistung seitens der Polizei und fordert Schmerzengeld. Die Landespolizeidirektion Steiermark verwehrte sich in einer schriftlichen Äußerung gegenüber dem ORF gegen "jede Art von Vorverurteilung". Der Fall werde intern evaluiert und ein Bericht über das Einschreiten liege bereits bei der Staatsanwaltschaft in Graz. Der Täter befindet sich in Haft. Bei seiner ersten Einvernahme durch einen Haftrichter habe der Mann fünf Justizwachbeamte verletzt.
Im Studio wollte sich seitens der Behörden niemand der Diskussion stellen, man berief sich auf das laufende Verfahren vor der Staatsanwaltschaft. Volksanwalt Dr. Fichtenbauer hielt fest, dass es Aufgabe der Polizei sei, Personen zu schützen. Dieser Aufgabe sei die Polizei augenscheinlich nicht nachgekommen. Der amtsbekannte Tatbestand der Wegweisung wurde von den anwesenden Beamten nicht exekutiert, ja nicht einmal überwacht. „Selbst wenn es diese Wegweisung nicht gegeben hätte, darf in Anwesenheit von Polizeibeamten so etwas nicht geschehen“, so der Volksanwalt.
Die Volksanwaltschaft wird prüfen, inwieweit Verbesserungen bei der Ausbildung und beim Einsatztraining erforderlich sind. Die so genannte Wegweisung sei ein wichtiges Instrumentarium zum Schutz vor häuslicher Gewalt, aber sie müsse nicht nur ausgesprochen, sondern auch überprüft werden, hielt Volksanwalt Fichtenbauer fest. Auch diesem wichtigen Punkt wird die Volksanwaltschaft nachgehen.
Nachgefragt: Lärm trotz neuer Lärmschutzwand
Im Juni 2016 befasste sich die Volksanwaltschaft mit dem Lärmschutz an der A9 Pyhrnautobahn nahe Gratkorn. 2014 sollte eine neue Lärmschutzwand lärmberuhigend wirken. Jedoch das Gegenteil sei nach Wahrnehmung der Anwohnerinnen und Anwohner der Fall: Die Lärmbelastung sei schlimmer geworden.
Eine Lärmmessung der ASFINAG ergab eine Lärmreduzierung - je nach örtlicher Lage – zwischen einem und vier Dezibel. Allerdings ist erst ein Bereich ab drei Dezibel für das menschliche Ohr deutlich wahrnehmbar. Hinzu kam, dass die ursprüngliche Messung aus 2011 zur Tageszeit, jene aus 2015 zur Nachtzeit vorgenommen wurde. Die Anwohnerinnen und Anwohner bezweifelten daher die Vergleichbarkeit.
Die Vertreter der ASFINAG zeigten in der Studiodiskussion Verständnis für die Beschwerden, jedoch sei der Lärm nicht „wegzuzaubern“, man könne nur zu seiner Reduzierung beitragen. Die ASFINAG werde sich aber bemühen, Betroffenen zu helfen. Deshalb sei auch der Bau der neuen Lärmschutzwand im Jahre 2014 veranlasst worden. Volksanwalt Fichtenbauer entgegnete, dass gut gemeint oft das Gegenteil von gut geglückt sei. Durch den Umbau sei es zwar zu einer vermeintlich objektiven Verbesserung gekommen, das subjektive Empfinden der vom Lärm Betroffenen bestätige dies aber nicht.
Als Verbesserungsvorschlag für die Zukunft stellte die ASFINAG einen lärmarmen Asphalt im Streckenabschnitt in Aussicht. Man verwende seit wenigen Jahren ein neues Verfahren, das den Belag haltbarer mache und eine Geräuschreduktion von bis zu vier Dezibel verspreche. Volksanwalt Fichtenbauer schlug darüber hinaus eine Geschwindigkeitsbeschränkung im betroffenen Streckenabschnitt vor. Auch die noch veralteten Lärmschutzwände an der Autobahnausfahrt sollten dringend erneuert werden.
Mehr als ein halbes Jahr später hat sich die Lärmsituation nicht verbessert. Die ASFINAG teilte schriftlich mit, dass der sogenannter „Flüsterasphalt“ frühestens in vier Jahren aufgetragen werden könne. Die Lärmschutzwände an der Autobahn seien auf aktuellstem Stand, eine Veränderung sei nicht geplant. Auch das Verkehrsministerium sieht keinen Grund, die 100km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung im betroffenen Streckenabschnitt zu verlängern. Nur die desolaten Lärmschutzwände an der Autobahnausfahrt sollen in absehbarer Zeit saniert werden. Volksanwalt Dr. Fichtenbauer sieht das Ergebnis als unbefriedigend an, räumt aber auch ein, dass die Volksanwaltschaft über keine „exekutive Macht“ verfüge, um Empfehlungen verbindlich zur Umsetzung zu bringen.
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