Maßnahmenvollzug: rasche Therapie gefordert

26. Februar 2013

Aufgrund ihrer Gefährlichkeit werden geistig abnorm erklärte Rechtsbrecher zu einer zeitlich unbeschränkten Einweisung mit Therapie verurteilt. Erst nach dem Wegfall ihrer Gefährlichkeit können diese entlassen werden. In den Justizanstalten fehlt es an geeigneten therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten. Insassen müssen lange auf Therapien warten.

 „Es muss so rasch wie möglich mit einer Therapie begonnen werden, um die Haft von Personen im Maßnahmenvollzug nicht in die Länge zu ziehen“, fordert Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek. Doch aktuell sind die Justizanstalten für diese Form der Anhaltung nicht im erforderlichen Ausmaß eingerichtet. Einzig die Justizanstalt Wien-Mittersteig kann benötigte Therapien und Betreuung bieten, aber den Andrang nicht mehr bewältigen. In den anderen Justizanstalten für Personen in zeitlich unbeschränkter Anhaltung fehlt es oftmals an geeigneten Therapiemöglichkeiten. Volksanwältin Brinek sieht darin einen „Etikettenschwindel“. Es zähle schließlich nicht das Türschild, sondern ob den Betroffenen in diesen Hafteinrichtungen die nötige Behandlung zukommt.

Seit 1. Juli 2012 sind die Volksanwaltschaft und ihre Kommissionen durch das OPCAT-Mandat dazu verpflichtet, Haftanstalten zu kontrollieren und auf die Lebensbedingungen der Menschen dort zu achten. „Im Mittelpunkt steht immer die Frage: Wie geht es den Menschen? Die Gewährung geeigneter therapeutischer Maßnahmen gehört dabei dazu“, betont Volksanwältin Brinek.

Lange Wartezeiten auf die Therapie

Ein aktueller Fall der Volksanwaltschaft verdeutlicht die oftmals mangelhafte therapeutische Betreuung von Personen im Maßnahmenvollzug. Ein Betroffener wandte sich an die Volksanwaltschaft, da dieser von Juni 2009, dem Zeitpunkt seiner Einlieferung in die Justizanstalt, bis Jänner 2010 auf eine psychologische Intensivbetreuung  warten musste.  Das Bundesministerium für Justiz begründete die Wartezeit mit der für die Erstellung des Therapieplans notwendigen Beobachtungsphase. Die Volksanwaltschaft erachtet einen raschen Therapiebeginn als wichtig, um so die Haftdauer nicht zu verlängern. Eine möglichst kurze Beobachtungszeit ist deshalb bedeutend.

Ungeeignete Therapieformen, fehlende Patientenrechte

„Die Justizanstalten stehen unter großen Kostendruck gegenüber der Öffentlichkeit“, erläutert Volksanwältin Brinek. Deshalb würden die Justizanstalten eher zur Behandlung mit Medikamenten greifen, anstatt dem Häftling die eigentlich benötigte psychologische Gruppen- oder Einzeltherapie zu ermöglichen. Doch dem Insassen fehlen Patientenrechte, er kann sich nur schwer gegen Behandlungsformen wehren, die er als unzuträglich für seine Gesundheit erachtet.  

Adaptierung des Systems notwendig

Die Volksanwaltschaft begrüßt die vom Bundesministerium für Justiz in Überlegung gestellte Schaffung einer zentralen Aufsichtsperson zur Überwachung der zugewiesenen Behandlungsformen. Diese übergeordnete Stelle zur Überprüfung der Sinnhaftigkeit und des Erfolgs der Maßnahmen fehlt im derzeitigen System.

Die Zahl von Personen im Maßnahmenvollzug ist in den vergangenen Jahren gestiegen, wofür das System nicht ausgelegt ist.  „Wir müssen uns deshalb die Frage stellen, ob die zeitlich unbefristete Anhaltung noch geeignet ist und wie den betroffenen Personen bestmöglich geholfen werden kann“, sagt Volksanwältin Brinek.