Kostelka: Unzumutbare Arbeitsbelastung in Spitälern

21. März 2011

Bei verlängerten Diensten beträgt die Arbeitszeit bis zu 49 Stunden; in einzelnen Wochen sind Arbeitszeiten bis zu 72 Stunden erlaubt. Die Arbeitsbelastung österreichischer Spitalsärztinnen und –ärzte ist enorm. Zahlreiche neuere Studien zeigen, dass die verlängerte Dienste eine ernste Gefahr für die Patientensicherheit darstellen. Forschungsergebnisse belegen auch den direkten Zusammenhang von langen Diensten und Komplikationen bei operativen Eingriffen. Die Fehlerhäufigkeit steigt abhängig von der Länge des Dienstes sprunghaft an. Dadurch entstehen Belastungen für die Patientinnen und Patienten sowie Kosten für notwendige "Korrekturoperationen“. Übermüdung, Stress und Überlastung führen aber nicht nur zu ärztlichen Fehlleistungen; die permanente Überforderung führt beim ärztlichen Personal zu Resignation, Mobbing, Burn Out sowie chronischen Erkrankungen

Bereitschaftsdienst ist keine Erholung

Der Erholungswert der Ruhezeit im Dienst („Ausrasten und Schlafen“) wird weit überschätzt und die Belastung "in der Arbeitsbereitschaft" unterschätzt. Diese Einschätzung wird durch eine Spitalsärztebefragung der Wiener Ärztekammer von Juni 2010 bestätigt. So werden in Wiener Spitälern im Schnitt nach wie vor 4,3 Nachtdienste pro Arzt und Arbeitsmonat absolviert. Turnusärzte kommen gar auf einen Schnitt von 5,3 Nachtdiensten pro Monat. Nach der Rechtsprechung des EuGH gelten diese Zeiten als Arbeitszeit, auch wenn dies im österreichischen Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz derzeit anders geregelt ist.

Durch das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz im Jahr 1997 wurde unter anderem die EU-Arbeitszeitrichtlinie umgesetzt und die Arbeitsbedingungen für Spitalsärzte zweifellos verbessert. Nach wie vor sind aber verlängerte Dienste von bis zu 49 Stunden gesetzlich erlaubt. Ebenso sind in bestimmten Durchrechnungszeiten maximale wöchentliche Arbeitszeiten von bis zu 72 Stunden möglich. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie sieht grundsätzlich vor, dass die wöchentliche Arbeitszeit auf 48 Stunden und die tägliche auf 13 Stunden limitiert wird, lässt aber unter bestimmten Bedingungen auch Ausweitungen zu. Der österreichische Gesetzgeber nützte diese Ausnahmebestimmungen, die für den Spitalsbereich bestehen, extensiv.

Die Lehre zweifelt daher daran, ob die österreichische Regelung noch richtlinienkonform ist. Im Regime der EU muss die einzelne Arbeitnehmerin und der einzelne Arbeitnehmer der Verlängerung der Arbeitszeit nicht zustimmen. Das österreichische Gesetz kennt Betriebratsvereinbarungen, aber selbst bei älteren Ärztinnen und Ärzten keinen individuell herzustellenden Konsens über Mehrarbeit. Auch verlängerte Dienste an Wochenenden  im Ausmaß von bis zu 49 Stunden (Ruhepausen, Arbeitszeit und Bereitschaftsdienst) sind aufgrund der zwingend vorgegebenen Mindestruhezeiten von ununterbrochen 11 Stunden innerhalb von 24 Stunden unter europarechtlichen Gesichtspunkten als sehr problematisch anzusehen. Bereitschaftsdienste im Spital sind keinen Erholung sondern Dienst auf Abruf. Selbst der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz räumt in einer Stellungnahme gegenüber der Volksanwaltschaft ein, dass hinsichtlich der Ersatzruhezeiten nach einem verlängerten Dienst wohl eine gesetzliche Änderung notwendig sein wird.

Die Volksanwaltschaft fordert vor diesem Hintergrund eine rasche Reduktion der durchgehenden zeitlichen Belastung für in Krankenhäusern tätige Ärztinnen und Ärzte. Außerdem sollte der Ablauf des Spitalsbetriebs generell neu organisiert und angestelltes medizinisches Personal vermehrt auch von administrativen Aufgaben befreit werden. Dadurch könnte eine "Arbeitszeitverkürzung" erleichtert werden.