Keine schulische Betreuung für autistisches Mädchen

29. April 2023

Die Eltern eines 11-jährigen Mädchens mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) wandten sich an Volksanwalt Walter Rosenkranz, da sie für ihre Tochter keinen Schulplatz mit Betreuung finden konnten. Das Mädchen könne den Lernstoff ohne Probleme erfassen, eine übliche Klasse überfordere sie aber wegen der Anzahl von Menschen. Sie benötige einen passenden Schulplatz mit maximal sechs Kindern und auch Onlineunterricht wäre eine gute Variante.

Die NÖ Bildungsdirektion räumte in ihrer Stellungnahme ein, dass es trotz bereits mehrjähriger Suche leider kein passendes Angebot für das Mädchen gebe. Angebote, sie in Kleingruppen etwa in einer allgemeinen Sonderschule in Wiener Neustadt mit sechs Kindern und zwei Lehrern zu unterrichten, hätten die Eltern ebenso abgelehnt wie eine speziell ausgebildete Assistentin.

Dem in der Sendung anwesenden Vater waren diese Angebote noch nicht bekannt. Die Eltern hätten sich viele Alternativen, darunter auch Sonderschulen in der Umgebung angesehen. Beschulungsmöglichkeiten mit nur sechs Kindern habe es jedoch nirgendwo gegeben. An einer Schule, die für das Mädchen ideal geeignet wäre und auch schon ihre Schwester besucht, kann sie leider nicht aufgenommen werden, da es dort zwar auch Kinder mit Behinderungen gibt, jedoch nur mit körperlichen.

Volksanwalt Rosenkranz berichtete, dass es sich bei dem Fall um kein neues Problem handle. Die Volksanwaltschaft beschäftige sich seit Jahren mit chronisch kranken Kindern in der Schule. Sie habe zusammen mit dem Parlament eine Enquête veranstaltet, in dem Expertinnen und Experten wichtige Beiträge geleistet hätten. Tatsächlich hätten sich schon viele Personen darum bemüht, einen passenden Schulplatz für das Mädchen zu finden und dennoch sei dabei noch nichts Konkretes herausgekommen. „Es muss eine Kleingruppe mit einer Bezugsperson gefunden werden, alles andere wäre für das Mädchen zu stressig. Dass es auch Angebote gibt, von denen die Eltern noch nichts wissen, wird sich die Volksanwaltschaft auch noch ansehen“, so Volksanwalt Rosenkranz. In Corona-Zeiten sei Online-Lernen für sehr viele Schülerinnen und Schüler alltäglich gewesen, diese Möglichkeit sollte in Betracht gezogen werden.

 

Nachgefragt: Recht auf 11./12. Schuljahr für behinderte Kinder

Schon öfters erreichten die Volksanwaltschaft Beschwerden von Eltern, deren Kinder aufgrund ihrer Behinderung nicht länger als bis zum Ende des 9. Schuljahres zur Schule gehen durften. Ein 10. freiwilliges Schuljahr sei oft noch möglich gewesen, für ein 11. oder gar 12. Schuljahr hätten Betroffene zumeist Absagen erhalten. Danach gebe es für diese Kinder keine Beschulung mehr, sodass ein großer Teil ihrer täglichen Beschäftigung wegfalle. Kinder mit Behinderungen seien in ihrer Entwicklung oft verzögert, eine spätere Einschulung wäre sinnvoll. Daraus würde sich die längere Schulzeit automatisch ergeben.

Der Generalsekretär im Bildungsministerium versicherte schon bei der erstmaligen Diskussion der Problematik in „Bürgeranwalt“, dass es im Ressort große Bemühungen gebe, um allen Kindern einen Zugang zur Bildung zu ermöglichen. Die Wiener Bildungsdirektion lehne einen Teil der Anträge auf einen verlängerten Schulbesuch aus Kapazitätsgründen ab, während dies in den Bundesländern eher genehmigt werde. Der Wiener Bildungsdirektor verteidigte dies, da es in Wien besonders viele Anträge gebe, weshalb eine Genehmigung aus organisatorischen Gründen schwierig sei.

Volksanwalt Walter Rosenkranz forderte das Recht auf weitere Schuljahre im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention gesetzlich zu verankern und regte zugleich an, dass sich auch die Landeshauptleute darüber verständigen sollten, wie die Lage verbessert werden könne.

Monate später verweist das Ministerium nun darauf, dass 85 % aller Ablehnungen auf Wien entfallen würden. Es sei eine österreichweite Arbeitsgruppe initiiert worden, außerdem werde auch jeder Fall einzeln angesehen.

„Eine rasche Lösung wird es nicht geben. Eine positive Entwicklung gibt es aber auch in Wien, da man hier inzwischen mit dem Wunsch nach einer Lösung an den Gesetzgeber herangetreten ist“, berichtete der Volksanwalt. Auch wenn hier daran gearbeitet werde, habe sich die Zahl behinderter Kinder innerhalb von fünf Jahren vervierfacht, das Problem müsste daher strukturell gelöst werden.