Gangbetten

4. Februar 2017

Eine 72-jährige Wienerin war zur Behandlung ihrer akuten Knieverletzung im Wilhelminenspital, das sie zur Durchführung eines MRT zur Diagnosefeststellung wieder wegschickte. Aufgrund der langen Wartezeit entschloss sich die Frau, die Untersuchung privat durchführen zu lassen und die Kosten selbst zu tragen. Volksanwalt Günther Kräuter hat die langen Wartezeiten bereits in der Vergangenheit kritisiert und verweist in der Sendung auf die im neuen Regierungsprogramm bis März angekündigten Änderungen.

Die Untersuchung der betagten Dame zeigte, dass der Meniskus gerissen ist und operiert werden muss. Als sie sich am Vorabend der Operation in einem Wiener Krankenhaus einfand, stellte sie zu ihrer Verwunderung fest, dass trotz des vor Monaten avisierten Operationstermins kein Bett in einem Krankenzimmer für sie verfügbar war und sie die Nacht in einem Bett am Gang verbringen musste.

Für Volksanwalt Günther Kräuter handelt es sich um einen eklatanten Missstand. Zustimmung erhält er vom Präsidenten der Wiener Ärztekammer, Dr. Thomas Szekeres. Dieser ortet in der Thematik der Gangbetten einen massiven Management- und Organisationsfehler – unter anderem durch systematischen Personalmangel. Laut dem Vertreter des KAV, Prim. Dr. Christoph Wenisch, seien Pflegekräfte und Mediziner sehr bemüht, Patientinnen und Patienten zeitig in Krankenzimmer unterzubringen, was in den meisten Fällen auch gelinge. Es werde außerdem mit nicht ausgelasteten Abteilungen in Krankenhäusern vermehrt zusammengearbeitet um die Betreuung von Patienten sicherzustellen.

Volksanwalt Kräuter betont, dass die Intims- und Privatsphäre verletzt wird und es um „die Wahrung der Rechte der Versicherten“ gehe. Wenn gleichzeitig Zimmer frei sind und die Betroffenen aus Kostengründen am Gang untergebracht werden, dann „wird der Missstand zum Skandal“, so der Volksanwalt. Das Prüfverfahren der Volksanwaltschaft ist anhängig. So erwartet die Volksanwaltschaft vom KAV die Präsentation konkreter Lösungsvorschläge, um diese unhaltbare Situation endlich in den Griff zu bekommen.

40 Jahre Volksanwaltschaft

Seit 1977 ist die Volksanwaltschaft dort zur Stelle, wo sich Menschen von österreichischen Behörden ungerecht behandelt fühlen. Seit 2012 schützt sie Menschenrechte, überprüft Justizanstalten, die Exekutive, spricht mit Menschen in Pflegeheimen und psychiatrischen Einrichtungen und ist dort, wo Menschen abgeschoben werden oder sich nicht frei bewegen dürfen. Am 30. Jänner 2017, feierte die Volksanwaltschaft im Parlament bereits ihr 40-jähriges Jubiläum.

Neben den Volksanwälten sowie der Volksanwältin unterstrich auch der polnische Ombudsmann und Menschenrechtsaktivist Dr. Adam Bodnar in seiner Festansprache die Bedeutung einer unabhängigen Ombudsstelle.

Für den frisch angelobten Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen war es der erste offizielle Auftritt im Sitzungssaal des Nationalrats. Dabei sprach er von einer "sehr wichtigen, unverzichtbaren Rolle", die die "Errungenschaft" Volksanwaltschaft im österreichischen Staatswesen einnehme. Er forderte außerdem dazu auf, die Volksanwaltschaft ernst zu nehmen. "Wir reden immer von Bürgernähe, aber dann müssen wir auch jene Stellen unterstützen, die diese Bürgernähe leben." Auch Nationalratspräsidentin Doris Bures lobte die Beschwerdestelle, die nach 40 Jahren "aus guten Gründen noch immer besteht".