Fachtagung zum 10-jährigen Bestehen des Bundesgleichbehandlungsgesetzes und der Bundesbehindertenanwaltschaft
Volksanwalt Dr. Kräuter betont, dass der Rückblick auf die letzten 10 Jahre zahlreiche Fortschritte zeige. Vor allem aber sind es die Menschen mit Behinderung selbst, die sich mehr und mehr in der Öffentlichkeit engagieren und Kooperationen eingehen, um auf verschiedensten Ebenen Barrieren aller Art abzubauen.
„Es ist noch sehr viel zu tun, vielfach scheint es so, als würde die Politik zentrale Anliegen Jahr für Jahr weiter vor sich herschieben. In der Volksanwaltschaft hören wir sehr oft, dass sich Menschen mit Behinderung auch von öffentlichen Dienststellen nicht ernst genommen fühlen oder schlichtweg über ihre Köpfe hinweg „beamtshandelt“ werden“, kritisierte Volksanwalt Dr. Kräuter.
Armut und Fremdbestimmung machen Menschen mit Behinderungen besonders verletzlich; auch die Suche nach Ärztinnen und Ärzten mit barrierefreien Praxen, die sich Zeit nehmen um verständlich zu erklären, was getan werden muss, kann zum Spießrutenlauf werden. Bauliche oder visuelle Barrierefreiheit gibt es selbst in Behinderteneinrichtungen und Alten- und Pflegeheimen oftmals nicht.
Die Volksanwaltschaft setzt sich unter anderem dafür ein, dass Menschen mit Behinderung, die in Werkstätten beschäftigt sind, Lohn statt Taschengeld erhalten und vollen Sozialversicherungsschutz genießen. Auch barrierefreie Zugänge zu Freizeit, Kultur und Sport müssen in vielen Bereichen erst erkämpft werden.
Abschließend rief Volksanwalt Dr. Kräuter die extrem schwierige Situation von Menschen mit Behinderung auf der Flucht in Erinnerung. Die Expertinnen- und Expertenkommissionen der Volksanwaltschaft haben Personen teils medizinisch/pflegerisch dramatisch unterversorgt vorgefunden. So hat beispielsweise ein Dialysepatient im Rollstuhl im Freien nächtigen müssen, ein völlig auf sich gestellter blinder Asylwerber war auf Gedeih und Verderb auf die Hilfe seiner Landsleute im Zelt angewiesen und ein Jugendlicher, dem nach einem Bombenangriff beide Oberschenkel amputiert worden waren, musste trotz unzureichender sanitärer Bedingungen länger als alle anderen auf die Überstellung in eine Grundversorgungseinrichtung warten. Der Besuch des Deutschkurses im Lager blieb ihm und anderen mangels barrierefreien Zugangs versagt.