Dürfen Kunstwerke vom Eigentümer ohne Zustimmung des Künstlers verändert werden?
Die Künstlerin Frau F. wurde von der Marktgemeinde Kirchberg an der Pielach mit der künstlerischen Ausführung eines Brunnens beauftragt. Ende 2021 musste sie allerdings feststellen, dass der Brunnen ohne ihre Zustimmung verändert wurde. Die Gemeinde argumentierte, sie hätte Sanierungen vornehmen müssen, um weiterhin für die Sicherheit der Gemeindebürgerinnen und -bürger sorgen zu können. Die Veränderungen aufgrund der Sanierung wären ihr als Eigentümerin des Brunnens erlaubt. Die Künstlerin sah in einer Veränderung des Brunnens – ohne dafür ihre Einwilligung eingeholt zu haben – eine Verletzung ihres Urheberrechts. Volksanwalt Werner Amon nahm sich des Falles an und sieht Frau F. im Recht.
Im Bürgeranwaltsstudio diskutierte Volksanwalt Amon an der Seite der Künstlerin Frau F. mit dem Bürgermeister der Gemeinde Kirchberg an der Pielach, der vom Rechtsanwalt der Gemeinde begleitet wurde. „Jedes schöpferische Ereignis, ob das nun in der bildenden Kunst ist oder ob es verschriftlicht ist, entwickelt natürlich Eigentumsrechte im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Entscheidend ist hierbei aber die Öffentlichkeit des Kunstwerkes, also ob es öffentlich zugänglich ist. Dann darf es in keinem Fall „einfach so“ verändert werden – da ist das Urheberrechtsgesetz eindeutig“, so der Volksanwalt.
Jede Veränderung müsse mit der Künstlerin oder dem Künstler abgesprochen werden. Der Bürgermeister der Gemeinde argumentierte, es wäre nur eine Kleinigkeit am Brunnen verändert worden, was die Künstlerin entschieden zurückweist – sie ist davon überzeugt, dass das komplette Konzept ihrer Idee durch diese Sanierung zunichtegemacht wurde und fordert eine Wiederherstellung des Ursprungszustandes des Brunnens. Der Bürgermeister erklärte, dass er für die Instandhaltung des Brunnens im Sinne der Sicherheit zuständig sei, bestätigte aber, dass die Gemeinde da wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen habe. Er bot an, gemeinsam mit der Künstlerin eine Lösung zu finden für eine Instandsetzung, die dem künstlerischen Anspruch von Frau F. gerecht wird. Volksanwalt Amon dankte dem Bürgermeister für dieses Angebot und erklärte abschließend: „Das ist eigentlich das Schönste, was passieren kann. Man muss nicht vor Gericht gehen, um diese Sache zu klären.“
Nachgefragt: Vom Bauernhof zum Gewerbebetrieb – wie bewertet der Verfassungsgerichtshof eine nachträgliche rechtliche „Sanierung“?
In der Südsteiermark betreibt Frau D. eine nachhaltige Landwirtschaft. Daneben hat ihr Nachbar im Lauf der Jahre einen expandierenden Erdbaubetrieb aufgebaut. Mittlerweile machen dort Lärm und andere Immissionen das Leben für Frau D. unerträglich. Die Volksanwaltschaft stellte sich an die Seite der jungen Frau und kritisierte, dass die Umwandlung des Bauernhofs in einen Erdbaubetrieb nachträglich rechtlich „saniert“ worden sei. Jetzt bestätigte der Verfassungsgerichtshof die Sichtweise der Volksanwaltschaft und hob alle erteilten Genehmigungen auf. „Der Verfassungsgerichtshof hat praktisch alles aufgehoben und ist der Rechtsmeinung der Volksanwaltschaft gefolgt. Es wurden das Entwicklungskonzept, der Flächenwidmungsplan, der Bebauungsplan und die Baubewilligung aufgehoben. Das heißt, wir befinden uns hier wieder im Grünland. [...] Für den Unternehmer eine sehr dramatische Situation, aber der Verfassungsgerichtshof hat endgültig entschieden, dass all die ursprünglichen Bewilligungen aufgehoben werden“, erläutert der Volksanwalt.
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