Abstand nicht eingehalten?
Das über hundert Jahre alte Gehöft von Familie P. im Mühlviertel liegt direkt an der B 38. Als der Straßenverlauf geändert und das Niveau angehoben wurde, musste eine Stützmauer errichtet werden. Anders als vereinbart ist diese aber nicht 6 m von der Hausmauer entfernt, sondern nur 4,7 m. Diese Abweichung vom ursprünglichen Plan führt zu gravierenden Problemen: Der Bauer kann den zwischen Mauer und Haus gelegenen Weg aufgrund der geringen Breite nur noch eingeschränkt und unter großer Mühe mit landschaftlichen Geräten befahren.
Schon als 2016 das Fundament ausgehoben wurde, machte Herr P. die Landesregierung darauf aufmerksam, dass die Mauer viel zu nahe am Hof verlaufen würde. Sein Einwand wurde jedoch nicht berücksichtigt.
Die Oberösterreichische Landesregierung beruft sich darauf, dass in keiner offiziellen Unterlage ein Mindestabstand von 6 m zwischen dem Anwesen von Familie P. und der Stützmauer gefordert wurde. Allerdings wurde im Rahmen der Grundeinlöseverhandlung vom Amt der Landesregierung ein Detailplan vorgelegt, in dem ein Mindestabstand von 6,10 m deutlich abzulesen ist. Da Herr P. stets von der Gültigkeit dieses Plans ausging, sah er keine Veranlassung den Abstand erneut zu diskutieren.
„Da ist ein Bürger, der sich auf ein Straßenbauprojekt einlassen muss und am Ende mit einem bösen Erwachen das Projekt abgeschlossen sieht. Bei der Grundeinlöseverhandlung hat Herr P. einen Plan erhalten und auch angeführt, dass der Mindestabstand an der engsten Stelle 6 m betragen muss. Dieser Abstand ist auf der Karte klar nachmessbar. Herr P. musste darauf vertrauen, dass es auch im straßenbaurechtlichen Detailplanungsprojekt beim ursprünglichen Plan bleibt“, so Volksanwältin Gertrude Brinek. Sie fordert: „Hier wurde ein zugesagter Abstand nicht eingehalten. Die einzig mögliche Lösung ist, die Mauer entweder abzureißen oder so umzubauen, dass Herr P. den Weg uneingeschränkt nutzen kann.“
Auch die Ausfahrt vom Hof auf die B 38 ist nun problematisch. Die Sicht ist durch die Länge der Leitschiene derart eingeschränkt, dass ein gefahrloses Ausfahren mit landwirtschaftlichen Geräten – etwa mit einem Traktor samt Anhänger – kaum mehr möglich ist. Herr P. forderte daher eine Verkürzung der Leitschiene und eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h. Das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung hat die Sicht jedoch überprüft und für ausreichend befunden bzw. sieht keine Notwendigkeit, eine Geschwindigkeitsbeschränkung anzuordnen.
Volksanwältin Brinek dazu: „Einerseits wurde die Sichtweite durch die Verlängerung der Betonleitmauer, die hier zur Leitschiene wurde, verringert. Andererseits wurde die maximal zulässige Geschwindigkeit durch den Straßenausbau von 70 km/h auf 100 km/h erhöht. Die Behörde hat sich bisher geweigert, Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit – etwa eine Geschwindigkeitsbegrenzung oder ein Überholverbot – zu ergreifen. Ich fordere die Behörde auf, endlich zu handeln!“
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