VOLKSANWALT KOSTELKA FRAGT NACH

26. Juli 2011

ORF-Sendung BÜRGERANWALT, am 23. Juli 2011mit Volksanwalt, Dr. Peter Kostelka

Von den Behörden vergessen 

Helene Stöberl lebt von Geburt an mit Behinderung, ihre Eltern sind schon vor langer Zeit gestorben, und die unversorgte Frau Stöberl auch von verschiedenen Sachwaltern und Behörden irgendwie vergessen worden. So war sie nicht einmal krankenversichert und ist um etliche Ansprüche "umgefallen", darunter eine erhöhte Familienbeihilfe, die ihr ab Vollendung des 18. Lebensjahres weiter zugestanden wäre, sowie eine Waisenpension, die nach dem Tod des Vater für sie nicht beantragt worden war. Weil die behinderte Frau einige Zeit lang durch kehren eines Parkplatzes vor einem Einkaufszentrum weniger als € 200, verdiente, wurde ein nachfolgender Antrag ihrer neuen Sachwalterin abgewiesen, weil vermeint wurde, die behinderte Frau könne sich ihren Lebensunterhalt gänzlich selbst verschaffen. Vor ein paar Jahren hat das Bürgeranwalt -Team Frau Schöberl und ihre neue Sachwalterin, Frau Adelheid Kurka, im halbverfallenen Elternhaus erstmals getroffen, und konsequent mit der Kamera verfolgt, was nach den Bemühungen der Volksanwaltschaft und ihrer Sachwalterin passiert ist.

Volksanwalt Kostelka berichtet: „Der Sachwalterin, Frau Kurka, ist volle Anerkennung zu zollen für ihr Engagement, ohne das Frau Stöberl einfach durch den Rost gefallen wäre. Das verfallende Elternhaus ist an einen vom Land NÖ geförderten Sozialverein verkauft worden. Dieser hat das Anwesen generalsaniert und Wohnungen für Menschen mit Behinderung errichtet. Frau Stöberl konnte in eine dieser komplett renovierten Wohnung einziehen. Sie bekommt jetzt auch die umstrittene Waisenpension nach ihrem Vater, welche ihr das Gericht zugesprochen hat. Alles zusammen wurde ein Paket geschnürt, mit dem Frau Stöberl einverstanden ist und durch welches ihre Interessen hervorragend gewahrt sind“.

 

Teure Zähne für eine Salzburgerin

Der jungen Salzburgerin Katharina Gruber sind wegen eines Gen-Defekts nur ein paar wenige zweite Zähne gewachsen. Eine prothetische Versorgung scheidet in solchen Fällen aus. In einem derartigen medizinischen Sonderfall könnte man annehmen, dass die Finanzierung von Zahnsersatz durch die Krankenkasse unterstützt wird. Dafür war jedoch das Einschreiten der Volksanwaltschaft nötig. Bezahlt die Krankenkassa jetzt doch ein neues Gebiss?

10 Jahre Behandlungen und viele Strapazen hatten keine Besserung gebracht, schließlich sollten durch eine Kiefer-Operation die Voraussetzungen für einen festsitzenden Zahnersatz geschaffen werden. Die Salzburger GKK wollte die Kosten von € 14.000,-- jedoch nicht übernehmen. Volksanwalt Kostelka kritisierte in der Sendung, dass Frau Grubers Problem nicht anerkannt und kein Versuch der Lösung unternommen worden war.

Durch die Hilfe einer weiteren betroffenen Familie, die die erste Sendung verfolgt hatte, wurde in der Universitätszahnklinik Wien eine Behandlung ermöglicht, mit der ein gründlicher Wiederaufbau des unterentwickelten Kiefers erreicht wurde. Für den Herbst 2011 ist die Implantation von Zähnen geplant.

Volksanwalt Kostelka kann zufrieden berichten: „Die Gebietskrankenkasse hat ihre Zusagen aus der ersten Sendung erfüllt und die Behandlungs- und Fahrtkosten übernommen. Dadurch hat sie entscheidend dazu beigetragen, dass die lange und beschwerliche  Heilungsphase gut verläuft und Frau Gruber in Zukunft endlich auch, wie andere Menschen, richtig lächeln kann.“

 

Polizist im Einsatz verletzt, bisher keine Entschädigung für negative Folgen

Im Juli 2003 stürmten im Innsbrucker Tivoli Stadion ein paar Fans nach einem Fußballspiel das Spielfeld. Einer der Dienst habenden Polizisten, Herr Korosec, erlitt bei diesem Einsatz einen Bandscheibenvorfall nachdem er von einem Fußballrowdy über eine Werbebande gestoßen wurde. Er musste zweimal operiert werden, war insgesamt 9 Monate im Krankenstand und kann seit dem nur noch im Innendienst arbeiten wodurch ihm Einkommenseinbußen entstehen.

Der Rowdy wurde zwar vier Jahre später wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, nicht aber wegen Körperverletzung verurteilt. Ein Antrag auf Entschädigung durch das Verbrechensopfergesetz war abgelehnt worden. In der Folge begleitete die Volksanwaltschaft Herrn Korosek auf dem weiteren Rechtsweg. In einem zivilrechtlichen Verfahren wurde der Täter inzwischen zu € 93.000 Euro an Schadenersatz verurteilt, wogegen er allerdings Berufung eingelegt hat.

Volksanwalt Kostelka berichtet, dass Herr Korosec bedauerlicherweise achteinhalb Jahre nach der Straftat immer noch voraussichtlich ein bis zwei Jahre auf das Ergebnis des Verfahrens warten muss. „Er bekommt sicher eine Entschädigung – entweder auf Grundlage des Verbrechensopfergesetzes oder des Wachebedienstetenhilfeleistungsgesetzes. Aber die zuständigen Behörden müssen richtigerweise auf ein rechtskräftiges Urteil warten.“, so Dr. Kostelka.

 

Tabakgesetz

Viele Bürger sind der Meinung, dass das Nichtraucherschutzgesetz von den Behörden nicht ausreichend kontrolliert wird. Wie sieht die Lage nach einem Jahr mit der neuen Regelung aus?

Volksanwalt Kostelka beschreibt die Entwicklung so: „Es hat sich ein bisschen etwas bewegt, obwohl vor Ort praktisch noch immer so gut wie keine behördlichen Kontrollen durchgeführt werden. Aber zumindest hat Gesundheitsminister Stöger in der Zwischenzeit Weisung erteilt, dass alle Anzeigen, die nicht verfolgt werden, dem Ministerium zu melden sind. Damit ist zumindest der bisherige Missstand, dass zwar angezeigt aber nicht behördlich verfolgt wird, abgestellt. Jetzt nehmen auch Gastronomie-Betriebe die nötigen Umbauten ernster, und die Judikatur trägt zu einem langsamen behördlichen Umdenken bei. Es gibt also kleine Fortschritte, aber wir werden das Thema weiter verfolgen müssen, um einen echten Nichtraucherschutz in der Praxis zu verwirklichen.“

 

Tierschutz in der Zuchtsauenhaltung

Gibt es mittlerweile eine tierschutzgerechte Verordnung in Sachen "Kastenstandhaltung" bei Schweinen?

In der intensiven Tierhaltung werden Zuchtsäue in engen eisernen Käfigen gehalten und können sich kaum bewegen. Dies ist zwar laut der österreichischen Tierhaltungsverordnung zulässig, widerspricht jedoch dem Tierschutzgesetz und ist somit nicht gesetzeskonform, wie die Volksanwaltschaft in einem amtswegigen Prüfungsverfahren festgestellt hat.

Ein Entwurf für eine neue Verordnung, in dem die Kastenstandshaltung auf ein absolutes Mindestmaß reduziert wird, liegt vor. Für den Beschluss ist jedoch auch die Zustimmung des Landwirtschaftsministeriums nötig. „Da die diesbezüglichen Verhandlungen von Gesundheits- und Landwirtschaftsministerium nun schon seit Monaten zu keinem Ergebnis kommen und der Gesundheitsminister der Volksanwaltschaft vor Kurzem mitteilte, dass er derzeit keine Chancen auf eine Einigung sieht, wird die Volksanwaltschaft noch heuer den Verfassungsgerichtshof mit dieser Frage befassen.“, erklärt Volksanwalt Kostelka. Man werde noch bis Ende August zuwarten.

Was die Besorgnis der Branche um Produktionskosten und Verdienst betrifft, verweist Volksanwalt Kostelka auf sechs europäische Länder, in denen ein weitgehendes Kastenstandsverbot umgesetzt wird. Nach zahlreichen Studien bestätigen auch renommierte Tierschutzexperten auf österreichischen Universitäten, dass freie Abferkelbuchten praxistauglich wären und die Erdrückungsgefahr von Ferkeln auch außerhalb von Kastenständen in den Griff zu bekommen sei. „Was in anderen Ländern möglich ist, werden wir auch in Österreich schaffen müssen“, ist er überzeugt. Das strengste Tierschutzgesetz Europas stellt auch in der Zuchtsauenhaltung Anforderungen, die über bloße EU-Mindeststandards hinausgehen. Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen allerdings auch in Kauf nehmen, dass eine tierschutzgerechtere Produktion zu Mehrkosten führt, die den Bäuerinnen und Bauern am Preismarkt ersetzt werden müssen. „In Österreich soll Schweinefleisch auf den Teller kommen, für das man sich nicht genieren muss, wenn man bedenkt, wie es produziert wurde“, stellt der Volksanwalt abschließend fest.