Stoisits: Unfaire Agrarförderungen

15. Mai 2010

ORF-Sendereihe "Bürgeranwalt" - Ausstrahlung vom 15.05.2010

Immer wieder haben sich in den vergangenen Jahren LandwirtInnen an die Volksanwaltschaft gewandt, um sich über die aus ihrer Sicht ungerechte Regelung bei der so genannten Einheitlichen Betriebsprämie zu beschweren: Mehrere Betroffene hatten und haben jahrelang keine Möglichkeit, diese Förderung zu erhalten, was fast mit einer Enteignung gleichzusetzen sei.

Die Einheitliche Betriebsprämie wird dem/der BewirtschafterIn einer ausgleichsfähigen Fläche in €/ha zugeteilt, wobei als Grundlage die Jahre 2000 – 2002 herangezogen werden. War die Fläche in diesem Zeitraum verpachtet, so steht die Förderung dem/der PächterIn zu, auch wenn er/sie in der Zwischenzeit das Pachtverhältnis gelöst hat und andere Flächen bewirtschaftet. Der/die EigentümerIn kann die Einheitliche Betriebsprämie nicht beanspruchen, was einen erheblichen finanziellen Nachteil für sie selbst oder für die Neuverpachtung bedeutet.

Eine Biobäuerin aus Oberösterreich hatte ihre Fläche in den Jahren 2000 bis 2002 verpachtet und erhält daher keine Betriebsprämie. Der Biobäuerin entgehen so pro Jahr 10.000 Euro. Auch andere Biobauern seien für die Bewirtschaftung nicht zu finden, weil das Prämienrecht fehlt. „Die Regelung kommt einer Enteignung gleich“, so die Betroffene. Eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof wurde 2006 abgelehnt, da für diese Regelung nicht der österreichische Gesetzgeber, sondern eine EU-Verordnung verantwortlich ist. Auch Petitionen im Parlament wurden eingebracht und führten zu keinen weiteren politischen Schritten.

Ähnlich erging es einem pensionierten Landwirt aus Niederösterreich. Sein ehemaliger Pächter hatte die Betriebsprämie „mitgenommen“ statt ihm die Rechte bei Auflösung des Pachtverhältnisses zu übertragen. Sein Sohn will den Familienbetrieb zwar übernehmen, es fehlen aber die finanziellen Mittel. Der nationale Härtefonds bietet zwar Sonderfallzahlungen, aber nur für JunglandwirtInnen unter 40 Jahren, so genannte „NeubeginnerInnen“.

Die Vertreterin des Lebensministeriums wandte in der Sendung ein, dass diese Prämie eben nur jenen zu Gute kommen soll, die wirklich bewirtschaften. Bis 2013 gilt noch die Regelung der Direktzahlungen – danach könne von der EU eine andere, für die Eigentümer bessere Regelung beschlossen werden.

Die Landwirtschaftskammer hatte schon damals auf die Schwierigkeiten dieser EU-Regelung hingewiesen. Ein Vertreter betonte, dass Österreich hier ein EU Direktzahlungssystem eins zu eins umgesetzt habe und sich nur an dieses EU-Recht halten könne. Wo Landwirte privatrechtlich nicht mit ihrem Pächter zurecht kommen, dort könne die Kammer auch helfen. Laut Landwirtschaftkammer geht es nur um fünf bis sechs Fälle pro Jahr. Volksanwältin Terezija Stoisits: „Wenn das so einfach wäre, würden nicht bis heute so viele Leute zur Volksanwaltschaft kommen. Die Betroffenen fühlen sich um einen Teil ihres Lebenswerks betrogen. Die Politik hat hier eine Regelung geschaffen, die Unrecht statuiert.“

Da es sich bei der beschriebenen Gestaltung des Agrarförderungssystems um einen Rechtssetzungsakt der Europäischen Union handelt, kann die Volksanwaltschaft nur auf die Problematik hinweisen. Es sollte aber eine entsprechende Initiative zur Ergänzung der nationalen Sonderfallbestimmungen überdacht werden. Bei der Neugestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2013 ist vor allem die Politik gefordert, derartige Regelungen nicht mehr zuzulassen.

 

Nachgefragt: Polizei bricht wegen laufenden Radios die Türe auf

Zu Weihnachten 2008 besuchte ein in Österreich lebender Grieche seine Verwandten in Griechenland: Licht und Radio ließ er laufen, um EinbrecherInnen abzuschrecken. Einige Wochen zuvor war in seine Wohnung nämlich eingebrochen worden. Seine Nachbarin war von der Abwesenheit nicht informiert und alarmierte die Polizei. Mit Hilfe der Feuerwehr wurde die Türe aufgebrochen, um Nachschau zu halten.

Es entstand ein Schaden von ca. 700 € an der Eingangstür. Einen Antrag auf Kostenersatz nach dem Polizeibefugnisentschädigungsgesetz lehnte das Bundesministerium für Inneres mit dem Hinweis ab, dass der Betroffene den Polizeieinsatz wegen des durchgängig laufenden Radios selbst verschuldet hätte. Am 14.11.2009 wurde der Fall in „Bürgeranwalt“ präsentiert und die Volksanwaltschaft konnten einen Erfolg erzielen. Das Innenministerium hob den Bescheid auf, im neuen Bescheid wurde dem Betroffenen für die Hälfte des Schadens Ersatz zugesprochen.

 

(Fotos: Landwirtschaftskammer für Oberösterreich)