Stoisits: Eingeschränkter Führerschein wegen Diabeteserkrankung

5. März 2011

Eingeschränkter Führerschein wegen Diabeteserkrankung

Herr N.N. besitzt seit 1961 einen Führerschein und war bisher unfallfrei unterwegs. Nach Meinung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz und des Unabhängigen Verwaltungssenats (UVS) des Landes Vorarlberg ist er aber ein Verkehrsrisiko, weil er Diabetes hat - ihm wurde der Führerschein eingeschränkt ausgestellt. Herr N.N. fühlt sich ohnmächtig gegenüber den Behörden, weil der UVS Vorarlberg die Berufung mit medizinischen Gründen ablehnte, aber auf wesentliche Punkte dabei nicht eingegangen war.

Herr N.N. plante für die Pension, sich einen Wohnwagen zuzulegen, um mit seiner Frau durch Europa zu reisen. Die entsprechende Führerscheinprüfung war kein Problem, auch die erste amtsärztliche Untersuchung bestätigte seine Eignung. Eine Woche später wurde er nochmals vorgeladen. Der Amtsarzt sagte, er sei geeignet, schickte ihn aber zum Internisten. Der bestätigte erneut seine Eignung, schrieb jedoch in seine Beurteilung, dass alle ein bis zwei Jahre eine internistische Kontrolluntersuchung auf Grund seiner Diabeteserkrankung sinnvoll wäre.

Basierend auf diesem Gutachten genehmigte die Bezirkshauptmannschaft Bregenz nur einen eingeschränkten Führerschein. Einmal pro Jahr müsse Herr N.N. Kontrolluntersuchungsergebnisse der Behörde vorlegen, sonst werde der Führerschein nicht verlängert. Herr N.N erhob Berufung und der Fall ging an den UVS Vorarlberg. Der stellte fest, dass eine Beschränkung auf zwei Jahre (statt eines) reichen würde. Herr N.N. lebt sehr gesund, lässt sich alle zwei bis drei Monate untersuchen und konnte – wie auch der Internist - keine Verschlechterung seines Diabetes feststellen. Für ihn ist die Beschränkung des Führerscheins nicht nachvollziehbar.

Im Studio zu Gast war neben Herrn N.N. und Volksanwältin Stoisits auch die Leiterin der Abteilung Verkehrsrecht der Landesregierung Vorarlberg. Für sie sei diese geringfügige Beschränkung durchaus berechtigt. Es handle sich um Vorgaben der Führerscheinbehörde, um das allgemeine Interesse der Verkehrssicherheit zu wahren.

Volksanwältin Stoisits: „Wenn jemand nicht fahrtüchtig ist, so krank ist, dass er ein Risiko darstellt, kriegt er entweder gar keinen oder nur einen befristeten Führerschein – weil man davon ausgeht, dass sich sein Zustand verschlechtern wird. Das ist hier nicht der Fall. Der Arzt hat eine stabile Diabeteserkrankung diagnostiziert. Für den Verwaltungsgerichthof muss zwingend mit einer Verschlechterung des Gesundheitszustands zu rechnen sein, damit beschränkt werden kann.

Die Leiterin der Abteilung Verkehrsrecht hielt die Einschränkung für korrekt, die Behörde habe so die Möglichkeit, eine mögliche Verschlechterung zu überprüfen. Diese Überprüfung müsse auch nicht bezahlt werden – entgegen der Auskunft, die Herr N.N. erhalten hatte. Ein Brief des Facharztes sei ausreichend, kein kostenpflichtiges Gutachten wäre notwendig. Hier sei ein Fehler passiert.

Die Volksanwaltschaft fordert eine Behebung des Bescheids: „Herr N.N. hat eine Erkrankung, ist aber nicht so krank, dass bei seinem Führerschein Auflagen zu machen wären. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs rechtfertigt seine Erkrankung keine Beschränkung. Die Behörden versuchen so, die strengen Vorgaben zu umgehen. Auch das Verkehrsministerium stimmte hier der Volksanwaltschaft zu.“

Die Alpenkonvention und der Bau der S37/S36

Zwischen Kärnten und der Steiermark sollte eine neue hochrangige Schnellstraße mit Anschluss an die S36 entstehen. Die Strecke Wien-Klagenfurt würde damit um 30 km kürzer als die Verbindung über die Südautobahn (A2), sodass mit einer Verlagerung vor allem auch des Schwerverkehrs der A2 auf die neue Transitroute zu rechnen war. Die zu Bürgerinitiativen zusammengeschlossene Bevölkerung sah sich mit massiven Lärm-, Feinstaub- und Abgasbelastungen konfrontiert, die ihren Lebensraum bedrohen.

Wie auch von den Bürgerinitiativen vorgebracht, kritisierte Volksanwältin Stoisits in der Sendung am 22.11.2008 die Nichtbeachtung des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention. Innerstaatlich nimmt das Verkehrsprotokoll den Rang eines Gesetzes ein und ist unmittelbar anwendbar. Entsprechend dem Verkehrsprotokoll verzichten die Vertragsparteien auf den Bau hochrangiger Straßen für den alpenquerenden Verkehr. Das Protokoll beinhaltet aber auch eine Ausnahmebestimmung die besagt, dass es auf jene Verkehrsprojekte nicht anwendbar ist, die zum Zeitpunkt seiner Annahme im Rahmen der Rechtsordnung beschlossen sind oder für die der Bedarf gesetzlich festgestellt ist.

Aus Sicht des Verkehrsministeriums unterliegt das Projekt nicht dem Verkehrsprotokoll, da es zum Zeitpunkt der Annahme des Protokolls im Verzeichnis 3 zum Bundesstraßengesetz 1971 enthalten und somit beschlossen war. In der darauf folgenden Sendung am 14. 11.2009 hofften die Bürgerinitiativen auf Klärung vom Ministerium – doch das plante einfach weiter. Die Bürgerinitiativen sammelten Geld für ein Gutachten eines Verkehrsexperten: für ihn war die Straße alpenquerend und das Verkehrsprotokoll würde verletzt.

Volksanwältin Terezija Stoisits berichtete in der aktuellen Sendung von den weiteren Entwicklungen: Der Verfassungsgerichtshof traf in der Zwischenzeit eine Entscheidung zur S36. Aus seiner Sicht war das Projekt tatsächlich schon vor Annahme der Alpenkonvention beschlossen und im Verzeichnis zum Bundesstraßengesetz – wenn auch unter einer anderen Straßenbezeichnung - enthalten. Die Frage, ob es sich um eine inneralpine oder alpenquerende Straße handelt, musste daher gar nicht mehr behandelt werden. Da der Sachverhalt sehr ähnlich ist, dürfte diese Entscheidung auch auf die S37 umlegbar sein. Rechtlich betrachtet darf die S36 nun gebaut werden. Doch das Geld, das dafür gebraucht wird, ist nun nicht mehr vorhanden.

Aus budgetären Gründen werde der steirische Abschnitt der S37 vorerst ausgesetzt, erklärte ein Vertreter der ASFINAG. In Kärnten gäbe es einen Sicherheitsausbau. In der Steiermark sollen die Planungen für die S36 nochmals überdacht werden, gemeinsam mit dem BMVIT, dem Land Steiermark und der ASFINAG gäbe es eine Arbeitsgruppe, deren Ergebnisse bis Ende Mai 2011 präsentiert werden.