Sachwalterschaft - was nun?

6. Juli 2013

Knapp 57.000 Menschen sind in Österreich nicht in der Lage sich selbst um ihre Angelegenheiten zu kümmern und deshalb besachwaltet. Nicht immer übernehmen Angehörige oder nahestehende Personen die Sachwalterschaft - in knapp einem Viertel der Fälle bestellen die Pflegschaftsgerichte AnwältInnen oder NotarInnen als SachwalterInnen. Im Büro von Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek stapeln sich Beschwerden: Angehörige beklagen, dass sich der/die SachwalterIn nicht umfassend um die betroffene Person kümmern würde und verstehen nicht, wieso sie nicht selbst die Sachwalterschaft übernehmen dürfen. Auch, dass Pflegschaftsgerichte zu schnell Personen besachwalten würden, ist ein immer wieder geäußerter Vorwurf.

So auch im Fall einer Tochter, die für ihre an Alzheimer erkrankte Mutter im Jahr 2007 die Sachwalterschaft beim Bezirksgericht Wien beantragte. Das Gericht entschied jedoch anders und bestellte einen Rechtsanwalt als Sachwalter. Die Tochter war mit dieser Entscheidung nicht zufrieden. Sie bemängelte sein Vorgehen als Sachwalter. Der Sachwalter würde Rechnungen nicht ordnungsgemäß bezahlen, oftmals würden Mahnungen einlangen, und es gab nur drei persönliche Besuche innerhalb von viereinhalb Jahren. Der Sachwalter hingegen verweist auf das Gericht, das wiederholt festgestellt habe, dass er die Sachwalterschaft zweckmäßig und die Abrechnungen ordnungsgemäß führe.

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek betont in der Sendung, dass die Volksanwaltschaft mit immer mehr Beschwerdefällen über Sachwalterschaften konfrontiert ist, und es aufgrund der derzeitigen Situation oft zu keiner zufriedenstellenden Lösung komme. “Die aktuelle Situation schafft nur Unzufriedene: Die Angehörigen, die nicht als Sachwalter bestellt wurden, aber trotzdem für die Pflege verantwortlich sind, fühlen sich ausgeschlossen. Die SachwalterInnen sind unzufrieden aufgrund der Höhe ihrer Honorierung und der Anzahl der Personen, die sie zu betreuen haben“, sagt Volksanwältin Brinek. Zudem seien Betroffene oft unzufrieden, weil sie keine Verfügungsgewalt über das eigene Geld oder Vermögen haben, sondern vollkommen auf den Sachwalter angewiesen sind.

Dr. Rupert Wolff, Präsident der österreichischen Rechtsanwaltskammer schlägt in der Sendung vor, dass die soziale Sorge durch das Sozialministerium oder soziale Institutionen übernommen werden solle. „Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bieten rechtliche Betreuungen, sind aber nicht als Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeiter ausgebildet. Tätigkeiten im Bereich der Personenfürsorge wie das Aufsuchen eines Pflegeplatzes oder die Suche nach Kleidung gehöre nicht zu anwaltschaftlichen Tätigkeiten“, sagt Wolff.

Volksanwältin Brinek wirft die Frage auf, wie Angehörigenrechte gestärkt, und Mittel eingerichtet werden können, die eine Sachwalterschaft gar nicht erst notwendig machen. Dies könnte beispielsweis durch eine Verbesserung im Bereich der Vertretungsbefugnis oder der Vorsorgevollmacht möglich sein. Brinek betont, dass gleichzeitig die Honorierung der Tätigkeit des Sachwalters verbessert werden müsse.

Dr. Scheiber hält fest, dass für eine zufriedenstellende Lösung des Sachwalterschafstproblems mehr direkte Gespräche zwischen den Betroffenen und Gerichten notwendig seien. „Es besteht häufig ein Informationsdefizit“, sagt Scheiber.

Sektionschef Dr. Georg Kathrein kündigt baldige Gesetzesänderungen an. „Eine entsprechende Überarbeitung des Sachwalterschaftsrechts ist im Justizministerium bereits im Gange", betont Kathrein.

Die Sendung ist sieben Tage lang nach Ausstrahlung in der ORF-TVthek abrufbar.

Die Volksanwaltschaft hat eine Schriftenreihe zu diesem Thema herausgegeben. Diese ist als Download verfügbar.