SICHERHEIT IM STRAFVOLLZUG

23. August 2010

Die Volksanwaltschaft überprüfte im Jahr 2009 44 Beschwerden und führte im Rahmen von Sprechtagen in den Justizanstalten (JA) Sonnberg, Stein und Garsten Vor-Ort-Besichtigungen durch. Sehr oft zeigten sich über den Einzelfall hinaus strukturelle Probleme im Strafvollzug, die vor allem den Themenkomplex Sicherheit betrafen.

Aus der Prüftätigkeit der Volksanwaltschaft wird deutlich, wie stark der Strafvollzug durch den technischen Fortschritt mit neuen Problemstellungen konfrontiert ist. Die Anstaltsleitung kann Insassen, die sich kooperativ verhalten, Vergünstigungen gewähren. Darunter fallen auch technische Geräte wie Computer und DVD-Player. War in der Vergangenheit unerlaubte Korrespondenz nur durch so genannte Kassiber möglich, können Informationen nun verstärkt durch neue Medien wie USB-Sticks und das Internet unerlaubt ausgetauscht werden. Verbotene Gegenstände können auch mit der Computer-Hardware in die Justizanstalten gelangen.

Die Volksanwaltschaft beschäftigte sich in diesem Zusammenhang mit der Kontrolle von technischen Geräten, die bestimmte Insassen im Rahmen einer Vergünstigung benützen dürfen. Ein Insasse der JA Stein beschwerte sich, dass ihm seine Elektrogeräte abgenommen worden waren. Diese hatten unbeschädigte Siegel der Justizanstalt St. Pölten getragen. Das Bundesministerium für Justiz argumentierte, dass in der Vergangenheit Plombierungen manipuliert worden waren. In Anstalten mit erhöhter Sicherheitsstufe finden daher zusätzliche Kontrollen statt. Dies ist für die Volksanwaltschaft prinzipiell zulässig. Allerdings sind die bisher verwendeten Plombierungen für technische Geräte der Insassen offenbar nicht manipulationssicher. Die Volksanwaltschaft empfiehlt daher dem Justizministerium, eine einheitliche manipulationssichere Kennzeichnung zu entwickeln, um den Kontroll- und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand zu verringern.

Das Thema Drogen im Strafvollzug gewinnt seit Jahren an Brisanz. Laut Expertinnen und Experten konsumiert ein Drittel bis die Hälfte aller knapp 8.000 Insassen entweder regelmäßig Drogen oder bringt Erfahrungen mit Suchtmittelkonsum in die Haft mit. Drogenkonsum in der Haft gefährdet Insassen wie Wachpersonal und torpediert jede Initiative für drogenfreie Justizanstalten. In diesem Zusammenhang ist ein Projekt der JA Sonnberg hervorzuheben, bei dem Insassen unter der Voraussetzung von regelmäßigen freiwilligen Drogentests Vergünstigungen erhalten. Um solche Initiativen für einen drogenfreien Strafvollzug auch in Zukunft zu ermöglichen, kritisierte Volksanwältin Dr. Brinek 2008 die fehlende gesetzliche Grundlage für Alkohol- und Drogentests in Justizanstalten. Nur so kann der Rechtsstaat effizient gegen Drogenkonsum in der Haft vorgehen und dabei gleichzeitig die Grundrechte der Insassen wahren. Das Justizministerium reagierte auf die Kritik der Volksanwaltschaft und stellte die Suchtmittelkontrolle im Strafvollzug 2009 auf eine gesetzliche Basis.

Im Vorjahr hatte die Volksanwaltschaft die Unterbringung der Insassen in der JA Stein kritisiert. In überbelegten Einzelzellen waren die WC-Anlagen baulich nicht getrennt. Das Justizministerium reagierte auf die Kritik der Volksanwaltschaft. Nach einer Gesetzesnovelle sind nun baulich abgetrennte WC-Anlagen für Mehrpersonenzellen vorgeschrieben. Wie der Sprechtag in der JA Garsten 2009 zeigte, gibt es auch in weiteren Justizanstalten ähnliche Mängel. Ebenfalls kritisiert hatte die Volksanwaltschaft die hygienischen Bedingungen in der Anstaltsküche der JA Stein. Dort war es nach starken Regenfällen regelmäßig zu Überflutungen gekommen. Auch hier sind nun Verbesserungen in Sicht. Gespräche zwischen der Anstaltsleitung und der Bundesimmobiliengesellschaft BIG für eine dauerhafte Behebung des Problems laufen.

Mehr Information für Insassen

Generell nehmen viele der Insassen, die sich mit einem Problem an die Volksanwaltschaft wenden, diese als einzige Anlaufstelle für ihre Angelegenheit wahr. Auch bei den Sprechtagen verfestigte sich der Eindruck, dass sich Insassen oft rechtlos und daher auch rechtsschutzlos fühlen. Offenkundig betrachten viele Betroffene die Beschwerde bei der Volksanwaltschaft als das einzige Mittel, Missstände abzustellen. Es ist daher zu begrüßen, dass das Justizmi­nisterium auf Initiative der Volksanwaltschaft das „Informationsblatt für Insassen des österreichischen Strafvollzuges“ überarbeitet. In Zukunft werden Insassen so verstärkt über Beschwerdemöglichkeiten und -stellen informiert.