ORF-Bürgeranwalt, 23.06.2012 mit Volksanwalt Dr. Peter Kostelka

23. Juni 2012

Kein neuer Rollstuhl

 

„Nicht um eine Lappalie, sondern um etwas Lebensnotwendiges“ hatte die Wiener Familie B. bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau angesucht und wurde doch mit wenigen Zeilen abgewiesen. Ersucht hatte die Familie um die Aufrüstung eines 15 Jahre alten Rollstuhles, um Sohn Hannes auch weiterhin ein gewisses Maß an Mobilität garantieren zu können.

Seit ihr Sohn Hannes als Kleinkind wahrscheinlich infolge einer Hirnhautentzündung einen Hirnschaden erlitten hatte, wird er von seiner Mutter hingebungsvoll gepflegt. Dass 40 Jahre aufopfernder Fürsorge Spuren hinterlassen, zeigt sich auch in diesem Fall. Neben mehreren Schlaganfällen erschweren etliche Bandscheibenvorfälle die Pflege des Sohnes, und verhindern auch, dass Frau B. mit ihrem Sohn das Haus verlassen kann. Die 120 Kilogramm, die Hannes und sein Rollstuhl zusammen wiegen, kann die Betroffene nicht mehr alleine den ansteigenden Weg zum Haus hinaufschieben. In Abwesenheit des Familienvaters können sich Mutter und Sohn dementsprechend nur im Haus bzw. im Garten aufhalten – eine untragbare Situation für alle Beteiligten.

Aus diesem Grund stellte der Hausarzt der Familie eine Verordnung über die Aufrüstung des Rollstuhls aus, wonach motorisierte Räder am alten Rollstuhl angebracht werden sollten, um so den Transport zu erleichtern. Dies hätte Hannes auch weiterhin den Besuch einer Behindertenwerkstatt und eines Behindertenklubs ermöglicht. „Große Hoffnungen“ hatte die Familie in dieses technische Hilfsmittel gesetzt, und wurde von der zuständigen Sozialversicherungsanstalt bitter enttäuscht. Die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau schickte der Familie lediglich einen Standardbrief mit der Information, dass eine Kostenübernahme in diesem Fall nicht möglich sei.

Daher wandte sich die Familie schließlich an die Volksanwaltschaft, die einige Kritikpunkte an der Vorgehensweise der Sozialversicherung äußerte. „Mobilität ist ein Grundrecht, sowohl laut UN-Behindertenrechtskonvention als auch aufgrund der österreichischen Verfassung“ betonte Volksanwalt Dr. Peter Kostelka in der ORF-Studiodiskussion. „Die Versicherung hat offensichtlich nach dem Motto reagiert: das ist keine absolute Pflichtleistung, da schwindeln wir uns heraus.“ Kostelka äußerte sich verärgert darüber, dass erst eine entsprechende Argumentation der Volksanwaltschaft und die ORF Sendung ein Umdenken eingeläutet haben.

Denn anstelle eines Mitarbeiters hatte die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau eine kurze Notiz in die Studiodiskussion geschickt – die Kosten für die Aufrüstung des Rollstuhls können nun doch übernommen werden.

 

Nachgefragt: Unheilbar krank

 

Am 14. April berichtete die ORF-Sendung Bürgeranwalt über den Fall einer niederösterreichischen Mutter zweier Töchter, die an „ALS“ leidet.  Bei dieser Krankheit namens Amyotrophe Lateralsklerose handelt es sich um eine heimtückische und fortschreitende Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die inzwischen 44-jährige Betroffene muss rund um die Uhr gepflegt werden, kann sich nicht mehr bewegen, nicht sprechen, und muss seit einem Luftröhrenschnitt vor sechs Jahren ständig beatmet werden. Dazu kommt, dass die Kommunikationsmöglichkeiten folglich weitgehend eingeschränkt sind, und die Frau auch künstlich ernährt werden muss.

Dem Wunsch der Betroffenen entsprechend wurden Pflege und Betreuung zu Hause eingerichtet. Seither wohnen zwei Pflegerinnen mit im Haus, um die 24-Stunden Pflege zu gewährleisten. Angesichts dieser umsichtigen Maßnahmen schien die Situation bestmöglich geklärt. Allerdings stiegen Miete-, Pflege- und Lebenserhaltungskosten im Lauf der Zeit beträchtlich, sodass den Einnahmen aus Pflegegeld sowie weiteren staatlichen Zuwendungen in Höhe von ca. 6.500 Euro monatlich ein Minus von 800 – 1000 Euro gegenüberstand.

Der Vertreter des Landes Niederösterreich erklärte in der Studiodiskussion, dass das Land bereits erste Schritte eingeleitet habe, um die Situation der Familie verbessern zu können. Zum einen sollten aus den Mitteln für die persönliche Assistenz weitere Zuwendungen gewährt werden, zum anderen habe man bereits mit der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Kontakt aufgenommen. Diese würde  eine Fachkraft für Sozialarbeit zur Familie schicken und sich die Kostensituation nochmals ansehen.

Mittlerweile hat sich die Lage der Familie etwas entspannt, ist aber noch nicht vollständig gelöst. Das Land Niederösterreich hat seine Zusagen eingehalten und unterstützt die Familie mit weiteren 700 Euro. Für Volksanwalt Dr. Peter Kostelka ein positiver Schritt. Angesichts der weiterhin bestehenden Finanzierungslücke von 300 Euro verspricht der Volksanwalt aber „weiter an der Sache dranzubleiben“.