ORF-BÜRGERANWALT, 28.01.2012 MIT VOLKSANWALT DR. PETER KOSTELKA

28. Jänner 2012

Tod bei Bundesheerübung - Keine Entschädigung?

 

Am 7. Oktober 2009 nahm eine Bundesheerübung am Truppenübungsplatz Allentsteig ein tragisches Ende. Beim Scharfschießen explodierte die Munition einer Panzerhaubitze im Inneren des Fahrzeuges Von der fünfköpfigen Besatzung der Panzerhaubitze überlebten vier Soldaten. Der 20-jährige Korporal Patrick W. wurde jedoch von Granatsplittern tödlich getroffen. Eine Bundesheer-Kommission konnte die Unfallursache, einen defekten Zünder, ausforschen. Der Restbestand der Munition wurde ausgemustert.

Um die Angehörigen des Verstorbenen hatte sich zunächst ein Kriseninterventionsteam gekümmert, sogar der Bundesminister für Landesverteidigung sei persönlich bei Patricks Familie vorstellig geworden. „Es ist nichts mehr so wie es früher war“ erklärt der Vater des Verstorbenen und beschreibt diese Erfahrung als „Sprung ins eiskalte Wasser“. Am meisten hätte die Mutter des Verstorbenen unter der Situation zu leiden. Bei der Todesnachricht ihres Sohnes sei sie zusammengebrochen, seitdem gehe es ihr zunehmend schlechter. Das war auch der Grund, warum kein Familienmitglied im Fernsehstudio anwesend war.

Auch vom Verteidigungsministerium war kein Vertreter ins Fernsehstudio gekommen. Für Kostelka ein Indiz, dass sich die handelnden Personen ihrer Argumentation nicht sicher seien. „Die Trauerarbeit hätte einer Unterstützung durch besonders geschulte Psychologen bedurft – das ist nicht geschehen“ betont der Volksanwalt und hält weiter fest, dass die erste Unterstützung der Angehörigen seitens des Heeres mangelhaft und wenig sensibel ausgefallen sei. Das Bundesheer sei „gut aufgestellt hinsichtlich der Betreuung der Truppe im Ausland, auch wenn da etwas passieren sollte“, so Kostelka. Er gibt jedoch zu bedenken, dass diese Betreuung nur auf Ehepartner und Kinder zutreffe, nicht auf die Eltern. So hatte das Bundesheer bei Patricks Eltern die Kostenübernahme für deren psychologische Betreuung abgelehnt und sie an das Sozialministerium verwiesen. Für Volksanwalt Kostelka ein unhaltbarer Zustand: „Es wäre die Pflicht des Heeres, den Hinterbliebenen zur Seite zu stehen!“.

Dementsprechend fordert der Volksanwalt, dass eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen wird, um auch in solchen Fällen den Betroffenen die nötige Hilfe zukommen zu lassen. Sowohl das Verteidigungsministerium als auch das Sozialministerium sieht er dabei in der Pflicht. Der Vertreter des Sozialministeriums kündigte in der Fernsehsendung jedoch schon vor einer solchen Gesetzesänderung Hilfe für die Hinterbliebenen an. So werde man auch prüfen, ob nicht anhand des ASVG die Kostenübernahme der psychologischen Betreuung durch die Krankenkasse im Bereich des Möglichen liegt. Auf jeden Fall werde das Sozialministerium den Kontakt mit der Familie suchen und eine umfassende Beratung durch das Bundessozialamt anbieten.

 

Nachgefragt: War der Gutachter unsensibel?

 

 Als „präpotent und respektlos“ beschrieb die Familie des damals 28 jährigen Jörg S. den Gutachter, der den pflegebedürftigen Mann wenige Stunden vor seinem Tod untersucht hatte. Nur kurz habe der Arzt den Sterbenden abgehört und eine Konsultation vorhandener Befunde abgelehnt. Zwar habe der Gutachter ein paar Fragen gestellt, die Antworten darauf habe er allerdings nicht abgewartet, erklären die Angehörigen. Der Vater beklagte die „Nichtachtung der Menschenwürde“, von einem respektvollen Umgang mit einer Familie, die kurz davor stand, einen geliebten Menschen zu verlieren, könne keine Rede sein.

 In der Sendung vom 12. März 2011 entschuldigte sich der Gutachter in einer schriftlichen Stellungnahme, erschien aber nicht persönlich. Die Leiterin der Sozialabteilung der steiermärkischen. Landesregierung gab an, dass die Pflegegeldgutachter sorgfältig ausgesucht und geschult würden. Sie habe mit dem betroffenen Gutachter ebenfalls ein Gespräch geführt; er hätte die Situation zwar anders erlebt, entschuldige sich aber bei der Familie für den Fall, dass er sie durch sein Verhalten verletzt habe.

 Die Volksanwaltschaft forderte Konsequenzen: „Ein Gutachter, der sich so benimmt, ist nicht mehr heranzuziehen – oder erst dann, wenn er nachweislich ein anderes Verhalten an den Tag legt“, so Volksanwalt Kostelka. Bei Familie N.N. wurden Fragen zur Pflegestufe 5, 6 oder 7 gar nicht erst gestellt. Der Patient wurde mit Pflegestufe 5 eingestuft, ein Urteil durch das Arbeits- und Sozialgericht war noch ausständig.

 Volksanwalt Kostelka konnte nun positive Neuigkeiten berichten. Das Arbeits- und Sozialgericht habe bestätigt, dass das Gutachten nicht korrekt war, und habe rückwirkend die höhere Pflegegeldstufe anerkannt. Zudem werde der Gutachter nicht mehr zu Begutachtungen herangezogen. „Gutachter haben in einer solchen Situation auf die Kranken und deren Familien einzugehen“ betont Kostelka, der sich mit dem Ergebnis in diesem Fall zufrieden zeigt.