ORF-BÜRGERANWALT, 17.09.2011 MIT VOLKSANWALT DR. PETER KOSTELKA

21. September 2011

Verhinderte Medizinerinnen und Mediziner – Staatsbürgerschaft darf keine Barriere darstellen

Die Mazedonierin L. E. ist 28 Jahre alt und lebt seit 2002 in Österreich, spricht neben perfektem Deutsch vier weitere Sprachen und hat in Wien das Medizinstudium in der Mindestzeit beendet. Derzeit arbeitet sie noch als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Forschungsprojekt am Neurologischen Zentrum Rosenhügel im Fachgebiet Epilepsie. Obwohl sie fachlich alle Voraussetzungen mitbringt und als Anwärterin auf eine Rot-Weiß-Rot Card-plus auch zum dauernden Aufenthalt in Österreich berechtigt sein wird, wurde ihr von der Ärztekammer und der MA 35 mitgeteilt, dass sie als Drittstaatsangehörige in Österreich keine Tätigkeit als selbstständige Ärztin ausüben und sich auch nicht um eine Turnusarztstelle bewerben darf.

Nach dem so erfolgreichen Abschluss ihres Studiums wolle sie dem Land „etwas zurückgeben“, so Frau E. Doch das geht nur, wenn sie hier auch die Facharztausbildung (Turnus) machen kann. Ist das in Österreich aber auf Grund ihrer Staatsbürgerschaft nicht möglich, muss Frau E. gezwungener Maßen in ein anderes EU-Land, wo man ihr genau diese Chance eröffnet, auswandern. Viele ihr bekannte Kolleginnen und Kollegen, die auch in Österreich studierten, sahen sich bereits dazu veranlasst. Volksanwalt Dr. Peter Kostelka nahm sich ihres Falles, der exemplarisch für weitere dieser Art ist, an. Ihr Kollege E. M. aus Ecuador fühlt sich in diesem Zusammenhang von den verschiedenen Behörden „gepflanzt“. Eine Anwältin habe ihm schließlich nahe gelegt, entweder eine EU- oder EWR-Bürgerin zu heiraten oder auf seinem Konto eine stattliche Summe nachzuweisen, damit er in absehbarer Zeit zum Turnus zugelassen und später in Österreich als Arzt arbeiten könne.

Schuld daran, dass junge Doktoranden aus Drittstaaten ihre ärztliche Berufslaufbahn in Österreich derzeit nicht beginnen können, ist die Regelung des § 5b des österreichischen Ärztegesetzes, der nebst Einheimischen nur EU- bzw. EWR- Bürgern die Berufsberechtigung für eine Ärztetätigkeit erlaubt, so auch die anwaltliche Auskunft, die Frau E. noch im Juli 2011 erhielt. Niemand hat ihr bisher aber erklären können, weshalb sie auf halbem Weg jetzt als "Bittstellerin" behandelt wird.

Im Gegensatz zu Studierenden aus EU-Ländern, namentlich aus Deutschland, welche gleich nach dem Studienabschluss Österreich wieder verlassen um hier dem Turnus zu entgehen, fühlen sich E. und M. heimisch und wollen hier bleiben.

In der Studiodiskussion mit Volksanwalt Dr. Kostelka bestand zwischen dem Vertreter des Gesundheitsministeriums sowie der Ärztekammer Einvernehmen darüber, dass Staatsbürgerschaftsbeschränkungen für die ärztliche Berufsausübung der Vergangenheit angehören sollen und rasch ein Weg gefunden werden müsse, erfolgreichen Medizinabsolventinnen und – absolventen nicht die berufliche Zukunft im Inland zu verbauen.

Volksanwalt Kostelka betonte in seiner Stellungnahme, dass der Einsatzwille und Fleiß der aus Drittstaaten stammenden Jungmedizinerinnen und –medizinern respektiert und anerkannt werden müsse, nachdem die Republik zuvor in deren Studium investiert habe. Studien zufolge werde es ohnehin noch eine Herausforderung darstellen, das benötigte ärztliche Personal in den nächsten Jahren nach zu besetzen und dabei auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass mit dem fortschreitendem Alter immer größerer Bevölkerungsgruppen mehr ärztliche Hilfe denn je im Inland benötigt werden wird.

Von Seiten des Gesundheitsministeriums wurde ausgeführt, dass dem Parlament ein Gesetzesentwurf vorliege, der unter anderem eine Novelle des Ärztegesetzes zu diesem Punkt beinhalte. Nach der Beschlussfassung der Neuregelung, die mit Jahresende wirksam werden könnte, werde es auch Drittstaatsangehörigen, deren Aufenthalt mittels der Rot-Weiß-Rot-Card gesichert ist, möglich sein, sich ohne weitere Barrieren um eine Turnusstelle zu bewerben. In der Zwischenzeit wolle man aber auf Basis eines Erlasses des Ministeriums alle Landesärztekammern angesichts des Anwendungsvorranges EU-rechtlicher Normen, die Möglichkeit eröffnen, auch in solchen Fallkonstellationen einen sofortige Eintragung in die Warteliste für Turnusärztinnen und Turnusärzte vorzunehmen. Der Vertreter der Ärztekammer begrüßte diese Initiativen und versprach volle Unterstützung bei der Umsetzung.

Nachgefragt: Endlich ein neuer Rollstuhl für René

Der seit seiner Geburt behinderte Renè hat endlich einen passenden neuen Rollstuhl. Der ihm vor 2 Jahren verordnete war von Anbeginn an ungeeignet und konnte in weiterer Folge auch nicht auf die körperlichen Veränderungen des Heranwachsenden ausgerichtet werden. Mit Hilfe der Volksanwaltschaft wurde Gewährung des Hilfsmittels beschleunigt bzw. ermöglicht: Ursprünglich hatte die OÖGKK noch bezweifelt, ob René diese Hilfsmittel wirklich braucht und den ihm im Februar 2011 von einem Facharzt in Wien verordneten „Einhandrollstuhl“ überhaupt selbstständig benützen kann.

Die Kritik des Volksanwaltes zeigte aber Wirkung. Nach der Studiodiskussion im Juni 2011 schickte die OÖGKK einen Orthopädietechniker nach Steyr, welcher für René einen solchen Proberollstuhl mitbrachte. René konnte – da sein Brustkorb endlich ausreichend gestützt wird – damit umgehen. Nur "Übung macht den Meister", aber die neue Selbstständigkeit ist dem 14 jährigen alle Anstrengung wert. Die Krankenkasse bewilligte daher die Kostenübernahme und sicherte Rene künftig uneingeschränkte  Unterstützung im Bedarfsfall zu.